SUDDEN STRIKES from out of SPACE: No 2

Motten. Schwirren meist dann und dort umher, wenn man sie so gar nicht sehen will. Kleidungsmotten, Lebensmittelmotten, Motten ins Licht. Braucht man dann doch eher selten. Tun sich selbst ja auch nichts Gutes damit, werden so und so gemeuchelt. Mein tierfreundlich gepoltes Herz steht dem gezielten Mottenmord fast zwiespältig gegenüber. Au contraire allerdings in dieser just erlebten Szene: Wenn Motten losflattern, sobald man sein „aktuelles“ Kreativprojekt vom schützenden Stofffetzen befreit, dann ist das ein deutliches Zeichen. Entweder direkt vom Himmel, weil schau: es (das Projekt) kann ja vielleicht doch noch fliegen lernen, wenn auch anders als gedacht (ja, zugegeben, die Kunst des Reframings liegt mir). Oder im derart fragwürdig Flatterhaften offenbart sich eine Message geradewegs aus der Hölle, fehlen nur noch der Schimmel, die Pilze und der Abgestandenheit des jahrealten Werks adäquater Fäulnisgeruch, der dem Selbstverwirklichungsvorhaben du – nein, nicht jour, eher schon décienne, sprich: Dekade, unwillkürlich entweicht. Stinkmorchelmäßig quasi, Untertitel unnötig. (Obwohl ich unter dem Gedankengang „Untertitel aus der Hölle“ durchaus instantly einen nicht notwendigerweise unlustigen Film vor Augen habe.)

   Motten. Sie also leiten diesen Blogartikel ein. Ist auch für mich mal was Neues. Bin selbst gespannt, wie sie zum großen Themenfeldes dieses Blogs, nämlich zum „Symbol für Erfolg, mal anders“, mutieren werden… Lasse mich also ebenso überraschen wie Sie sich/Du Dich. Ich persönlich finde ja die direkte Anrede mit großem D immer noch netter, höflicher, korrekter als mit kleinem. An dieser Stelle fällt der Schritt von Motten zu Moden nicht schwer, ist ein ganz kleiner, sozusagen. Manchmal frage ich mich tatsächlich, ob sich der Inhalt meines Romans (sollten, Sie/Du zum ersten Mal hier lesen: es handelt sich um das mottenumschwirrte Projekt aus Himmel und Hölle) als völlig obsolet herausstellen wird, schlicht, weil die Inhalte zu seiner Fertigstellung (ha!) völlig aus der Mode gekommen sein werden. Müßig, darüber nachzudenken. Eine andere Assoziation lohnt sich dafür umso mehr: Motten vernichten in der Tat Stücke, die aus der Mode gekommen sind und daher zu lange unbeachtet im Kasten hingen. Da lob ich mir die Klassiker, also Werke, gewebt aus guter Qualität, nahezu motten- und modensicher. Wäre schön, wenn mein Buch ein solcher werden wollen würde. So wie es aussieht, habe ich da nicht viel mitzureden, bin ja mittlerweile eher zum Beobachter des natürlichen Wachs- und Siechtums des Großen Werkes mutiert, Motten- und Modenschau inklusive.

   Motten. Bei ihrem Anblick hier und jetzt macht sich eine hingebungsvoll post-frustig-fast-fröhliche Mischung aus Ekel und Mitgefühl, Lebensfreude, Sorge und Mordlust bereit, mich in eine Stimmungsmelange zu tunken, die doch glatt zu interessanten, weil mich selbst überraschenden, verbalen Ergüssen führen könnte. Gut, dass ich mich daher gleich mal am Blogschreiben abreagiere. Wie Regen – den ich übrigens durchs Fenster sehe und im Hintergrund verstärkt als Playlist höre, was zugegebenermaßen auch ich leicht dekadent finde – der sich an einem Berg abregnet, habe ich den Drang, mich beim Blogschreiben kreativ auszutoben. Sonst landet vielleicht noch lauter mottenverseuchtes, modeunbeständiges Gedankengut im Großen Werk.

   Mittlerweile bin ich von drei aufgestellten Mottenfallen umzingelt. Alle leer. Wo sie wohl sind, die Motten? Meine Fingerspitzen fühlen sich zart nervös aufs Mauspad klopfen. Genug geschrieben, Zeit für die Konklusio. Welche da wäre: Mitunter mögen Motten die Dunkelheit lieber als das Licht. Mitunter mag der Blog das gefühlt Schummrige lieber als die geistige Klarheit. Mitunter flattern wir einfach so durchs Leben, planlos und orientierungslos umher-mäandernd, bleiben an Verlockendem kleben oder verkriechen uns unterm Teppich. Ich nehme mal an, dass die Motten unterm Teppich gerade lustvoll Unaussprechliches treiben und muss lächeln. Mitunter mag ich Motten. Das hätte nicht einmal ich bis vor Kurzem noch gedacht. Die Magie der unerwarteten Wendung, gezaubert mittels der Methode der Multiperspektivität. Möge die Macht stets mit uns sein…

SUDDEN STRIKES from out of SPACE: No 1

   Angst. Vor allem. Vor der Liebe, vor dem Erfolg. Vor dem Verlust, und dem Misslingen. Angst vor dem Tun und dem Nicht-Tun. Stellt sich diese Angst erst in der Leere ein, in der Stille, wenn die warme Decke des alltäglichen Wahnsinns aller Art für einen längeren post-feiertäglichen Moment gelüftet wird? Offenbar, denn sie ist unverkennbar da. Doch kaum stelle ich mich der Ewigen Angst, mit dem bisschen Mut, der mir nach Jahrzehnten des Hinausschiebens treu geblieben ist, und der sich über den Jahreswechsel mühselig von selbst zwischen Kekskrümeln und vergessenen Vorsätzen hervorgeklaubt hat, wird genau dieser wackelbeinige Hauch von Mut, von einer ungeduldigen Hundeschnauze hinweggeschleckt, weggejault vom Spieltrieb des forschen Vierbeiners, der meint, die Wartezeit des vorangegangenen Emailbeantwortens hätte die selbe Priorität wie die nächste Szene im Ewigen Roman.

   Angst und Ärger, ein schönes Paar. Angst und Anmut hingegen tanzen selten. Auch jetzt nicht. Was Mut und Anmut miteinander gemein haben? Die beiden Seiten des Tuns schweißt sie untrennbar zusammen. Mut tut, Anmut tut eben nicht. Wie anmütig, demütig, missmutig ich gerade nicht tue, nicht schreibe. Wiewohl ich ja schreibe, paradoxerweise, bloß halt am Falschen. Die Hundeschnauze zwingt den rechten Arm der Erzählerin in ein hundegemütliches Stillleben. Dabei wird die Hoffnung auf zügiges Schwenken von Gedanken zu Assoziationen, zum Ende des Blogschreibens und Beginnens des Großen Ernstes des Einzig Wahren Werks fest eingeklemmt unter dem starken Willen des zufrieden seinen Versorger beherrschenden Pudels. Dessen Kern dreht sich um die Lebensfreude: Fressen, Spielen, Schlafen. Mit ein bisschen Sex und Witz aufgepeppt fast schon ein Erfolgsrezept fürs Glück auf zwei Beinen. Anyway, zurück zum Punkt: Schuld am Ewigen Nicht-Tun ist, wie ich jüngst wieder gelernt habe, das Dopamin, das Böse. Es schlägt zu, wenn wir über Katzenvideos kichern, Emails checken, Whatsapp chatten, Internet surfen, in Serien verkommen etc. Doch was tun gegen die Sucht nach dem Ewigen Sehnen, dem Kick aller Kicke, weil er immer nur stimuliert, ohne je zu befriedigen?

   Dopamin Detox. „You must develop the art of patience and consistency”, so der grundsätzlich wenig verwunderliche Ansatz, via – kaum wunderlicher – “eliminate the distractions that make you feel restless. Remove the external stimulations that prevent you from focusing on the long-term picture” (vgl. Dopamin Detox/Thibaut Meurisse). So weit, so logisch. Wirklich wundersam ist nur das Ergebnis ebenjener hochgelobten sinnlichen Deprivation, nämlich oben zitierte Angst. Schnöder Widerwille. Pure, nackte Selbsterkenntnis, die kein Hundekiefer unterdrücken kann. Was wirklich wichtig ist, wiegt schon von sich aus schwer. Schwerer als Lust und Laune, Laster und die Leichtigkeit des Abgelenktseins. Nun schreibe ich über die Ablenkung als Ablenkung vom Wirklich Wichtigen, in einem Zustand des De-Dopaminiertseins und doch am Falschen Text. Lese ich weiter im Buch, hat das Rauszögern gewonnen. Mache ich weiter im Blog, gewinnt zumindest mein Lieblingsleser, von dem ich weiß, dass es ihm ähnlich geht (Hallo!). Ob ich die Hundeschnauze und das lauernde Dopamin rundherum besiegen kann, werden die kommenden 30 Minuten zeigen. Sofern es dann vielleicht Ein Satz ins Große Werk geschafft haben wird. Schrödingers Satz.

Wie aufregend doch der Kampf mit sich selbst sein kann. Ich wage die These, dass wir Menschen im Kern stets nur gegen uns selbst kämpfen. Hörten wir auf damit, wären wir frei. Aber wer will das schon…

SUNKEN SPIRIT SANCTUARY No 8

Second Summer Samba

50 ist unbestreitbar die Hälfte von 100 – und klingt doch für Betroffene wie kurz vor Hundert.

Wie kann das sein? Woher rührt dieses gefühlte Ungleichgewicht der Zahlen, die rein mathematisch betrachtet ein langes Leben in zwei gleiche Hälften teilen? Hier ein Versuch des Nachrechnens:

Von 0 bis 10 geschieht in einem Menschenleben jede Menge körperlich und geistig Grundlegendes, dabei ein ständiges Neuentdecken der Welt und der Menschen darin, inklusive seiner selbst, allerdings in höchster Abhängigkeit von der Außenwelt. Auf der anderen Seite, von 90 bis 100, gibt es ebenfalls jede Menge Abhängigkeit zu erwarten, aber ob in dem Jahrzehnt noch viel Grundlegendes auf körperlicher oder geistiger Ebene passiert? Ob es ab 90, ach seien wir großzügig: ob es ab 80 noch etwas Neues und Spannendes zu entdecken gibt? Oder ist das die Zeit des reinen Seins, wie meine Großmutter mit 103 mit dem Kreuzworträtsel sitzend vor dem Fernseher, ein kleines Lächeln aufgelegt, eine der vielen sich wiederholenden Anekdoten erzählend, nicht mehr viel von ihrer Umgebung wahrnehmend?

So geht’s nicht

Alles in mir wehrt sich gegen die Sichtweise, dass nur ein junges, premieren-verseuchtes oder erwachsenes, damit verantwortlich-produktives Leben intensiv und erlebenswert sein könnte. Alles in mir wehrt sich aber auch gegen die Sichtweise, dass im Gegenpol zum Wachsen und Werden der jüngsten Jahre nur noch Welken und Vergehen liegen soll. Irgendwie habe ich mich mit 40 der Mitte näher gefühlt als mit 50. 50 ist gefühlsmäßig eben seltsam Endzeit-nah. Als gäbe es keinen Unterschied mehr zwischen 50, 60, 70 oder 80 +. Blödsinn werden Sie – völlig zurecht – sagen, wenn Sie selbst 51, 61, 71 etc. sind. Außerdem, wer wird denn schon 100? Insofern liegt 50 tatsächlich nicht mehr in der Lebensmitte, sondern schon deutlich darüber. Durchschnittlich werden wir ja so um die 80 und ein paar Zerquetschte alt. Insofern ist, war 40 wohl tatsächliche die Hälfte. Mal ganz abgesehen davon, dass jeder Tag der letzte sein kann.

Quietschbrems

Zurück zum Gedankenexperiment: Die Akzeptanz vom körperlichen und geistigen Verfall und vor allem von der Wehrlosigkeit dagegen will einfach nicht rein in mein Hirn oder Herz. Und nein, ich spreche nicht von Alternativlösungen wie Schönheits-OPs oder Unmengen Sport, Teenagerkleidung, Gesundheitsanwandlungen oder Hormon- und anderen Therapien gegen winterliche und lebenswinterliche Düsternis. Es geht nicht ums Kaschieren, Übertünchen, Abwehren, Verdrängen, Vermeiden, so-tun-als-ob-nichts-wär.

A Room with a View

Worum geht es dann? Darum, dass es soundso keinen Ausweg gibt und dies daher ein Grund zu allumfassender Fröhlichkeit sein sollte, denn eine andere Wahl hat man soundso nicht mehr? Hm, klingt etwas aufgesetzt.

Ich habe folgende These, warum diese „letzten Jahrzehnte“ in der öffentlichen Wahrnehmung irgendwie zu einem klobigen Klumpen Unerfreulichkeit, den man entweder gehorsam schlucken oder als Golden Ager konsumierend verbringen soll, zusammengeschmolzen sind: Diese Dekaden sind Neuland. Vergangene Generationen hatten andere Vorstellungen (not to mention: pension). Aber gerade weil das jugendliche Wachsen und Werden hinter einem liegen, und das leistungsbezogene Schaffen und Betreuen anderer sich langsam erledigen – und es keine weit verbreiteten Ideen vom gelingenden Altern gibt, darf man sich diesen Lebensabschnitt schlicht selbst zusammenzimmern.

Ich habe mir für den Rest des Jahres und den bereits im Laufen befindlichen Rest meines Lebens vorgenommen, einen frischen Anlauf zu wagen. An Tätigkeiten und Themen, die mich früher erfreut haben, aber im Lauf der Zeit unter die Räder der Notwendigkeiten geraten sind. Dabei Körper und Seele gut spüren, statt meine Bedürfnisse zu übergehen oder zu versuchen irgendwie anders auszusehen. Die Langsamkeit, die das Erspüren braucht, zulassen, statt auf die Schnelle zu funktionieren. Mich auf das im herkömmlichen Sinn Unproduktivsein und auf die zunehmende Unsichtbarkeit sehenden Auges einstellen. Im Austausch dafür eben tun, was ich wirklich möchte. In jedem Augenblick.

Moment.

Das ist doch irgendwie aufregend.

SUNKEN SPIRIT SANCTUARY No 7

Verhandlungen mit meinem Unterbewusstsein

Hey Du. Ja, Du.

Grmmmbl.

Hey, wach auf. Komm rauf.

Hmpffff. Wasnlos? Gibt’s Sex?

Nein.

Na dann. Schlaf ich weiter.

Nichts da. Ich brauch Dich.

Schaun wir leicht Serie? Spielen wir was? Essen??  

Äh, nein.

Dann lass mich in Ruh.

Ich will was Schreiben. Was Großes. Das Über-Ich unterstützt das Vorhaben.

Na und? Was geht mich das an?

Geht nicht ohne Dich. Brauch Deine Schubkraft, Deinen Antrieb, Deine Fantasie, Deine Abgründe. Das gibt’s hier oben bei uns nicht.

Selber Schuld. Hättest mich halt schon früher eingeladen zum Mitmachen! Musste immer erst den Körper sabotieren, schön viel Schmerzen produzieren, um im ewigen Geplapper und Herumgerenne Platz für mich zu machen. Jetzt ists zu spät. Seids eh schon zu zweit, Du und Dein Über-Du, reicht fast für ne Party. Ne strunzlangweilige, hehe.

Du bist ein Arsch. Immer nur Spaß, Spaß, Spaß – und Kaputtmachen. Gesundheit, Beziehungen, Wohlbefinden. Immer Drama, Tragödie oder Lust und Laune. Nix Stabiles. Unzuverlässig. Ein ewiger Störenfried.

 Ach, rutsch mir doch den Buckel runter. Wer will denn was von mir, wenn nicht Du? Vielleicht Dein Über-Kontrollator? Wär ja was ganz was Neues.

Naja, wir haben uns nach jahrelanger Auseinandersetzung darauf geeinigt, dass es im Hinblick auf die Endlichkeit unser aller Daseins wohl an der Zeit wäre, Deine Schranken etwas zu lockern. Wenn wir noch was schaffen wollen, das nicht, nun ja, nur Arbeit oder Pflicht ist, dann brauchen wir uns alle drei. Wir zwei, wir funktionieren, ja. Aber Kreieren? Das liegt wohl eher Dir.

Aha? Soso. Kein Spaß am Leben ohne mich, was? Keine Qualität im Schreiben, von der Musik ganz zu schweigen? Wundert mich echt nicht… Und was hab ich davon, wenn ich mich einmische in Euer Tun, mich voll drauf einlasse, verbeiße und drin aufgehe? All den lauwarmen Dampf und das rauschende Getöse zu Action und Spannung verdichte?

Äh, Ruhm und Ehre? Wir huldigen Dir, oh Meister der seltsamen Ideen und unergründlichen Tiefen? Wir werden Dich nicht mehr als lästig, unnötig, kraftraubend einstufen? Nie mehr weggesperrt und verleugnet werden? Aber wohl am wichtigsten: Du wirst gehört werden!

Hm.

Ja, will mich denn wirklich jemand hören?

Wissen wir nicht. Wir wissen nur, dass es so nicht weitergeht. Unsere Existenz macht keinen Sinn mehr ohne Dich.

 Ich war doch eh schon immer da.

Ja, aber eben unterdrückt von uns. Wir, Deine Usurpatoren, wollen Dir jetzt die Freiheit schenken.

Ah, so wie damals in der Pubertät? Hörst Du, wie ich mir die Hände reibe? Und die Schenkel, hehe.

Hach, musst Du immer gleich so schwülstig werden? Sehr unangenehm. Ja, Du bist Pandoras Box. Einmal offen… Kann für nichts mehr garantiert werden. Aber so verschlossen wie Du die letzten Jahrzehnte weggepackt warst, warst Du nur unnütze, stehst allem im Weg. Dauernd stößt man gegen Deine scharfen Kanten, gerade wenns verspricht mal gut zu laufen. Immer wenn man nicht damit rechnet und sich in Sicherheit wiegt, erdolchst Du jede Hoffnung auf Erfolg im Keim. Erdrosselst dazu gleich jede Motivation weiterzumachen, ganz nebenbei. Versteckst Dich an überraschenden Orten, stichelst permanent in den Lebensraum rein, wenn man mal wegschaut. Nein, so kanns nicht weitergehen. Wir müssen jetzt eine Einheit, eine Dreiheit werden. Sonst ist es zu spät.

Zu spät für was?

Wofür!

Was?

Schon in Ordnung… Wo waren wir? Ahja: Zu spät fürs Selbst-Verwirklichen. Das Selbst braucht uns alle drei, damit es mehr als existieren, nämlich sich ausdrücken kann. Es krönt dann unsere Existenz. Aber wenn ich ehrlich bin, weiß ich auch nicht, wie das im Alltag so funktionieren soll mit uns. Ich wohne ja im Auge des Betrachters. Und das Über-Ich in der Ordnung aller Dinge, vom Geschirrspüler angefangen. Wenn wir eine WG gründen, machst Du nur Saustall. Bist uns nur peinlich. Ruinierst unseren guten Ruf. Machst alles kaputt…

Grunz.

Ja, eben. Muss uns egal werden. Welch Risiko für das bisschen kreative Selbstverwirklichung, mit dem wir unser Lebensende aufpeppen wollen. Seufz. Kannst Du Dich nicht ein bisschen benehmen lernen? Wie wärs mit Respekt? Mit Anpassen? Oder wenigstens Mitlaufen?

Grrrrrrr….

Nein, nicht rot anlaufen und explodieren!

Ihr obergscheiten Gfrastsackln! Nach Eurer Pfeife tanzen soll ich? Da pfeif ich drauf! Machts Euch Eure Kunst schön selber. Das wird maximal Kunsthandwerk, wenn überhaupt. Ein höllischer Schlagerhit im Musikhimmel! Ich spür jetzt schon wies tief abwärtsgeht, ich hau mich ab. Kicher. Schnief.

Das wird wohl nichts. Ich seh nicht, wie eine gute Kooperation zwischen uns Dreien aussehen soll. Kein Wunder, dass so viele Künstler saufen oder Drogen nehmen, um einen sicheren Weg zu haben, Dich aus dem Käfig zu lassen. Ungesund, ja. Aber berechenbar. Gehen Gesundheit und Kreativität überhaupt zusammen?

Gehen der Körper und die Kunst in eine Bar. Sagt der Barkeeper: Was darfs denn sein? Für mich einen Green Smoothie, bitte! Und für mich einmal Blues, smooth bitte…“

Das war aber nicht lustig.

Ja, weil ich Rücksicht auf Dich genommen hab. So wird das nix. Ohne Risiko, ka Musi.

Ergo?

Keine Kooperation zwischen uns. Stattdessen Operieren am offenen Herzen: Offener Konflikt als Dauerzustand. Ausgetragen in Wort und Ton.

Fuck.

Ein guter Anfang. Hehe.

SUNKEN SPIRIT SANCTUARY No 6

Die Lösung

Was erlöst uns nun von allem Leiden? Liebe, Glaube, Hoffnung? Das Loslassen aller Erwartungen? Aufgeben, Hingeben, Abgeben? Gut möglich. Außerdem Bewegung von Körper und Geist, genauso wie Ruhe und Entspannung, Stille und Staunen. Kuscheln und Kichern. So viele Wege zum glücklicheren Dasein, trotz und inmitten der Welt und all ihrer bedenklichen Entwicklungen. Raus aus dem Krisenmodus, rein in… Ja, was denn nun? Alle oben genannten Optionen sind ja nur Wege, nicht zu verwechseln mit dem einen angestrebten Endzustand. Die end-gültige Lösung hängt wohl im Kern davon ab, was man selbst denn eigentlich will.

Wollen, was ist

Vielleicht liegt die Lösung auf die übergroßen Fragen, die uns das Lebens stellt, im Annehmen der Unfertigkeit des eigenen Lebenswegs und der Unzulänglichkeiten der eigenen Person. Im Akzeptieren des Andersseins, eigen Seins. Im Annehmen des Nicht-Erreichens des eigenen Potenzials, des nicht Erfüllens mitgebrachter Aufträge. Im Zulassen des Nichtwissens, Nichtkönnens, Nichtwollens. Im Bewundern des eigenen Strebens im Angesicht der letztlichen Unerreichbarkeit. Von was auch immer. Im Einlassen auf den Prozess, ganz ohne letztes Ziel.

Das Rätsel

Apropos letztes Ziel: wie wäre es mit „das Undenkbare anerkennen und im Gewahren des bisschen Zeit, die bleibt – die, egal aus welcher Perspektive und in welcher Lebensphase, immer wenig ist – den Moment schätzen, was auch immer er bringt“? Also quasi: „Das Wunder der Existenz bestaunen und für jeden Atemzug dankbar sein.“ Hach. Schwülstig, abgedroschen, nahezu eklig. Warum bleiben, sobald man jedes Suchen von der Gleichung „Lebensfreude =“ abgezogen hat, stets nur abgedroschene Phrasen übrig? Muss doch nicht sein, oder?

Die Wahl

Antworten, die jede Qual der leeren Worthülsigkeit vermeiden, müssen notgedrungen individuell, ja nahezu mystisch persönlich bleiben. Im Auge und im Bauch des Betrachters, des Erlebenden selbst, entstehen. Die Frage bleibt: hat ein Mensch denn überhaupt die Wahl, gerade wenn sich das Leben und die Welt nicht gut anfühlen? Vier Fragen des Lebens sind bekannterweise prinzipiell unbeantwortbar: die Fragen nach dem Grad der menschlichen Freiheit, nach dem Sinn der Existenz, nach dem Ende von Einsamkeit und nach den Folgen des Todes. Es sind diese Fragen, die wir uns selbst stellen oder die wir bewusst oder verdrängend offenlassen, in deren möglichen Antwortspektren wir uns graduell verorten oder die wir mit finalen Schlussfolgerungen zu verharmlosen versuchen. Darin liegt die eigentliche Wahl, die wir haben. Alles andere, das uns vermeintlich quält, ist diesen Fragen untergeordnet und – lästig oder nicht – Kleinkram des Daseins.

Was übrig bleibt

Ist es die Liebe oder der Tod? Ist der Weg das Ziel oder jedes Ziel bloße Illusion? Keine Ahnung. Es herrscht Winter da draußen, der Schnee fällt und liegt. Die Sonne scheint und schmilzt, was da war, vergeht während es glitzert. Was gilt es mehr zu wissen, was gibt es mehr zu wollen…

SUNKEN SPIRIT SANCTUARY No 5

Ode an die Unausweichlichkeit der Aufschieberitis

Nachdem Prokrastination schon letztes Mal zentrales Anliegen war – welche Wunder, ob des Themas – widme ich diesen Blog zur Gänze diesem seltsam unangenehmen Gefühl des Nicht-Genügen(d)s. Wie der Schreibweise zu entnehmen, gebe ich die Schuld der Schule bzw. dem Schulsystem. Jenes, welches derart funktioniert, dass man

  1. das Mindestmaß dessen, was für die angestrebte (?) Note gerade noch ausreichend sein könnte, im
  2. letztmöglichen Moment, der sich diese zu erreichen am Grad zwischen „vielleicht geht’s noch“ und „wahrscheinlich isses eh schon zu spät“ befindet, über 12 Jahre hinweg zu tun erlernt.

Sage und schreibe 12 Jahre lang perfektioniert man diese Kunst – und das in just jener Lebenszeit, als Gehirn und Persönlichkeit am formbarsten scheinen. Kurz nachdem die Eltern in der frühen Kindheit alles andere versaut haben (von Bindungsfähigkeit bis Urvertrauen), macht die Schule dann also höchst erfolgreich munter weiter mit der A-Sozialisation. Bleibt einem selbst nur noch der Rest des Lebens, um sich von allerlei eingeprägten und angelernten Seltsamkeiten in der eigenen Gewohnheitswelt zu trennen zu versuchen. Und wie wir wissen, aus eigener leidvoller Erfahrung wissen, kann es Lebzeiten lang dauern, an den eigenen antrainierten Automatismen zu scheitern. Könnte man eigentlich gleich darauf verzichten, gegen sich selbst – das angelernte selbst – aufbegehren zu wollen. Freiheit, welch unerreichbarer Zustand. An dieser Stelle werden Sie mich eventuell tadelnd darauf hinweisen wollen, dass es mir hiermit höchst erfolgreich gelungen ist, die ewige Existenz der Prokrastination zu rechtfertigen. Geht ja nicht anders: Widerstand ist zwecklos. Alles angelernt, eintrainiert, an-automatisiert, schlicht unausweichlich. Und je mehr Stress desto mehr Gewohnheit, eh klar.

Schuld oder Sühne?

Also gut, ich beuge mich der Unausweichlichkeit. Wenn wir alle nicht Schuld sind am Prokrastinieren, dann können wir eigentlich auch nur schlecht die Verantwortung für die Sühne übernehmen. Es könnte uns eigentlich schlicht egal sein, dass wir nicht tun, was wir tun sollten. Ist es aber nicht. Oh, tiefenwirksame Umfänglichkeit des profund Unangenehmen! Denn, selbst wenn wir es schaffen würden, das Sollen wegzuschieben, dann übernimmt immer noch das Wollen das Steuer (ja, das war die Klammer zum letzten Blog).  Dieser unbotmäßig perfide Vorgang im eigenen Unbewussten, das vom Über-Ich zugedachte „zu-Tun-Seiende“ ins Reich des Ichs und damit ins „Zu-Wollende“ zu verschieben, ohne, dass man selbst es mitbekommt. Zu Kompliziert? Moment, hier kommt das praktische Beispiel am lebenden Subjekt:

Kunst kommt von Müssen

Stellen Sie sich bitte kurz vor, Sie wollten heute mit dem Rest Ihres Lebens beginnen. Ein Leben, dass Sie sich bereits jahrelang ausgemalt haben: Vormittags an Ihrem Roman schreiben, nachmittags an Ihrer Musik basteln. Dazwischen Sport. Am Abend glückselig, weil selbstverwirklicht, stolz auf sich sein… Klingt gut? Willkommen in meinem Lebenstraum.

Heute sollte also dieser erste Tag des Rests meines Lebens sein. Und was tue ich? Alles bislang Aufgeschobene in den Fokus nehmen. Der Hund gehört gebadet, der Blog mal wieder geschrieben, die Küche geputzt, der Computer ausgemistet, die Emailadressen neu eingerichtet. Warum nicht gleich eine neue Homepage andenken? So geschehen bei meinem letzten Versuch meinen Lebenstraum ernst zu nehmen, vor zwei, drei Jahren. Was schlagen mir Facebook und Instagram daher folgerichtig mich besser kennend als ich mich selbst seit Jahren vor? Anzuerkennen, dass Prokrastination Traumareaktion ist und mir anzubieten, meinen Prokratinationstypen rauszufinden, um doch nun endlich mal Schluss mit Unlustig zu machen. Auf dass irgendwer an meinem Leid eine Menge Geld und/oder Daten verdiene. Aber nein, au contraire! Ich widersetze mich den asozialen Medien. Heute stelle ich mich meinem Schicksal. Ich schaue der Angst ins medusenähnliche Antlitz, nicht weil ich es will, sondern weil ich es muss. Ich erstarre folgerichtig. Das Versagen, Nicht-Genügen (hello, Schule), permanent und in alle Zukunft nicht gut genug Sein, ja geradezu unausweichlich fürchterlich schlecht Sein-Werden – all das kenne ich nur zu gut. Aber heute gehe ich zur Abwechslung mal anders damit um. Ich lasse mich drauf ein, auf all das Altbekannte. Ich umarme es im vorauseilenden Vorhinein, ich kuschle mich in meine tiefsten Selbstverwirklichungs-Ängste, um aus ihnen zunächst Text und später Sound zu schöpfen. Ich habe genug vom Verschieben. Es ist Zeit zum Verarbeiten. Wenn ich Glück habe, bekommen Sie das Ergebnis nächstes Jahr zu lesen und zu hören. Wenn Sie Glück haben, ist es erfreulich, erbauend und bereichernd. Ich will nicht mehr, ich muss jetzt. Es ist ein bisschen so, wie sich übergeben zu müssen; man will nicht, es überkommt einen. Nicht angenehm wohlgemerkt, eher voll das Gegenteil.

Halten Sie mir die Daumen, dass der Druck groß genug bleibt und ich noch ganz lange das bedrückende Gefühl haben werde, dass es eh schon viel zu spät ist, eine ernsthafte Künstler-Karriere anzugehen. Denn nur so kann ich mich offenbar im Gleichklang mit den unausweichlichen Automatismen der Prokrastination zu kreativen Höchstleistungen aufschwingen. Hoffe ich zumindest. Bleiben Sie dran, ich versuch‘s auch…

SUNKEN SPIRIT SANCTUARY No 4

Frustrationstoleranz

Draußen scheint die Sonne. Nicht einfach so, sondern mit gehörig Vorlauf zeigt sie sich. Nachdem sich mal schnell der regnerische Weltuntergang einen gefühlten Monat lang auf den tiefen Saiten der Seele ausgetobt hat. Also, es scheint die Sonne, der See glitzert, die Menschen sind ruhig, weil sie es noch nicht glauben können und daher ihren Weg noch nicht wieder hierher zurückgefunden haben. Kurzum: es ist paradiesisch. Doch ich muss Steuer machen. Selbstauferlegte Steuerlast, jeden August, 3 Tage lang. Bis heute höchst erfolgreich aufgeschoben, um nicht zu sagen tiefenentspannt rumprokastriniert. Das hab‘ ich jetzt davon. Der Ausblick lacht sich ins Fäustchen, die allzu heitere Sonne feuert durchs Fensterglas ein wohlgezieltes Brandloch in meinen Nacken. Nach 6 Stunden die papiergewordenen Zeugen gewonnener wie verlorener Energieausgleiche sortieren, auf der Flucht vor der Ordnung befindliche Belege suchen, die eigentlich da (oder zumindest nah hätten) sein sollten, nach fruchtlosen E-Mail-Recherchen und frustrierenden Rechnungsportalen (wer will schon nur die aktuelle Rechnung einsehen?), ist es soweit: ich grummle. Ich runzle die Stirn knittriger als jeden Barbeleg und grunze unschuldig in meinem Sichtfeld auftauchende Mitmenschen verbal und fast-verbal an, grantle diverse technische Geräte und Chatbots im Selbstgespräch nieder, die sich allesamt verschworen haben, meine, ja, Frustrationstoleranz zu testen. Man gönnt sich ja sonst nichts. Steuer im Urlaub? Selbst Schuld, könnten Sie sagen. Ja eh, sage ich. Aber macht sich halt nicht von allein. Und so unter den arbeitsvollen Sonst-so-Tagen einer Selbstständigen mit allerlei Humanverantwortung, geht’s halt auch nicht wirklich gut. Dann also jetzt. Wenn es bloß regnen würde…

Ambiguitätstoleranz

… würde es regnen, könnte ich noch viel besser bzw. länger alles Unangenehme zwischen Mappendeckel und Excel-Zeilen sein lassen und die Gedanken daran aus meinem Erlebnishorizont herausschieben. Und schlafen, gemütlich lesen, nichts tun, die Steuer sich selbst steuern lassen, vielleicht sogar auf Sport verzichten und stattdessen Kekse essen, später dann Serien schauen und ein Bier dazu…? Hach. Aber nichts da, Sonne verlangt nach Aktivität. Eigentlich nach Rausgehen, aber da liegt eben der Akt des Grauens im Weg – und das Gewissen im Magen. Das schlechte Gewissen wiegt bei Sonnenschein schwerer, kann das sein? Bei ewig Regen wiegt die Seele mitunter schwer, das Gewissen andererseits wächst bei Licht, wie Unkraut. Seltsam. Apropos Gewissen: Alle Jahre wieder im August frage ich mich, ob ich nicht noch viel mehr Geld dafür ausgeben sollte (dasselbe frage ich mich im Dezember, aber aus anderen Gründen). Wohlfeiles Geld, auf dass jemand anders in der Sonne mit und gegen Zettel und Zahlen kämpfen möge. Und weil beides keine guten Lösungen sind (die eine kostet Geld und dann passts erst recht nicht, die andere siehe oben), freuen sich die bunten Blüten des Gewissens an der Sonne, während der Verstand mit dem Rücken im Nacken den Tango der Hölle tanzt. Dazu kommt das schlechte Gewissen, nicht draußen zu sein, das Leben nicht zu genießen und seiner Gesundheit durch stundenlangen Bewegungsmangel und seiner Umgebung durch ebenso langes Gebrüte nichts Gutes zu tun. So viele Perspektiven, Möglichkeiten, Varianten des Blicks auf die Gegenwart. Sie ahnen schon, die Lösung aus dem Dilemma der freudlosen Vielschichtigkeit des Unangenehmen zeigt sich im 3,. 4., oder 5. Weg. In meinem Fall in der Metakommunikation: schreib‘ ich halt drüber, statt das eine oder andere zu tun.

Equinimity

Sprich: Gleichmut. Nein, so macht sich die Steuer auch nicht und die Sonne geht trotzdem langsam unter, ohne von mir gehörig begrüßt worden zu sein. Aber, weil ich jetzt einen Blogbeitrag verfasse und das Gefühl der Produktivität in mir grundlos rumtollt, haben das Gebrumme und das Gewissen gemeinsam Frieden gefunden und Freundschaft mit der Idee den Belohnungsbiers geschlossen. Gleichmut geht sicher anders. Doch die zarte Balance aus Bedürfnissen und deren Verweigerung, aus Pflichtgefühl und Sehnsucht, Gewissen und seinen Bissen, gemischt und gemixt mit dem Getriebe des Aufgeschiebes, die will sich hart erarbeitet wähnen, wiewohl sie eher in einer globalen Problembereich-Skala unter „keiner Rede Wert“ aufscheinen würde. Ich rechtfertige die unnötige Auseinandersetzung mit dem Jetzt, dem Soll, dem Muss und dem Willen damit, dies mit „Übung in Gleichmut“ zu betiteln. Denn der Gleichmütigkeit geht keine Gleichgültigkeit voraus, sie bedarf vielmehrt jener feinen Mixtur aus Frust und Freiheit, die einander in intern geführten Kampfakten und Friedensverhandlungen begegnen bis sie sich schlicht den gleichen Mut zugestehen.

SUNKEN SPIRIT SANCTUARY No 3

Die Kunst der Nicht-Begegnung

Andere vermeiden kann schon mal ein guter Ansatz sein. Andere sind meist anstrengend, wenn wir mal ganz ehrlich sind. Andere zu vermeiden kann so erfrischend sein, wie der Hitze zu entkommen, um guten Schlaf zu finden. In der Ruhe einer kühlen Nacht, die man mit sich allein verbringt, kommt man einer frischen Sicht auf die Dinge eher auf die Spur. Kühlen Kopf bewahren geht besonders gut wenn man anderen aus dem Weg geht. Was regt einen dann noch auf? Vielleicht irgendetwas, das im eigenen Zuhause nicht funktioniert. Elektronik, die nicht will, kann -mich zumindest- gnadenlos aufregen. Also: im Bedarfsfall auch Elektronik aller Art vermeiden, digital- und hardware detox. Aber wie kommt es oft so schön: Wenn alle äußeren Störquellen ausgeschaltet sind, dann fängt das Innenleben an zu rumoren und gelegentlich (am ehesten, wenn man es so gar nicht braucht) geradezu zu revoltieren. Kann man sich selbst auch nicht begegnen? Auszeit vom eigenen Körper? Von seinen Gefühlen mal auf Kur gehen? Ohne schnöden Eskapismus, versteht sich. Serienschauen und Binge-Eisessen gelten nicht. Daher lautet die entscheidende Frage: wie sich selbst vermeiden, wenn der Körper oder die Seele zwicken?

Itchy Calm

Die banale Ruhe kommt vor dem tiefen Frieden. Im Moment quält mich aber jenseits von beidem ein juckender, brennender, worauf-auch-immer-allergischer Hautausschlag. Die zur Verfügung stehende Salbe hilft: nichts, null, nada (eh klar, ich bin ja auch nicht zuhause, wo ich hätte in Ruhe allem und jedem entgehen können, ausgerüstet mit bis zum Anschlag für bzw. gegen jeden inneren und äußeren Anschlag gewappneter Medizinlade). Ich also im Ausland, die pharmazeutischen Optionen begrenzt. Keine Frage: Ruhe muss her. Innen sowieso, aber mehr noch auf meiner Außenhaut. Keine Zeit für Dünnhäutigkeit, flüstert das unbetroffene Unterbewusste genervt. Wir sollten eigentlich arbeiten, brummt es gewissensschwer hinterher. Dafür sind wir weg, allein und un-abgelenkt! Und was passiert genau jetzt, praktisch angekommen und theoretisch bereit? Die Elektronik will, doch die Haut will nicht. Zum aus der Haut fahren, wahrlich, geht aber nicht. Daher: Annehmen statt aufregen. Ist ja nur unangenehm, nicht absolut unerträglich. Kühler Kopf und kühle Umschläge tun schon mal gut. Nicht, dass es davon aufhören oder gar weggehen würde, nur die Aufregung macht sich von dannen und eine gewisse, vorsichtige Ruhe kehrt ein. Mal sehen, ob sie bleiben will. Zur Ratlosigkeit gesellt sich derweil ein müdes Ausatmen. Wenn es juckt, bleibt keine Zeit für Weltschmerz. So kann ein kleineres Übel manchmal das unendlich viel Größere, wie das Leid am potenziellen Untergang der Welt, verdrängen. Vielleicht sind deshalb so viele Menschen von Kleinigkeiten genervt? Weil sich damit die größeren Übel ganz schnell ausradieren lassen? Kein Wunder, dass mich andere stören, die sich an allem Möglichen stören, um sich nicht vom Zustand der Welt – und der anderen Menschen darin – gestört zu fühlen. Eigentlich auch emotional zum aus der Haut fahren. Wäre da nicht die echte Haut… Ich spüre eine gewisse Konkurrenz der Kleinen Übel in mir aufkeimen.

Die Faszination des Kleineren Übels

Ruhig die Unannehmlichkeit des Daseins zulassend tippe ich nun vor mich, vor Euch hin. Was ist das kleinste Übel, mit dessen Hilfe ich den Rest – und vor allem meine mitgenommene, aber hiergebliebene Haut – vergessen kann? Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass schlechte Wortwitze äußerst hilfreich sind.

SUNKEN SPIRIT SANCTUARY No 2

Perlen der Resilienz

Sprung ins warme Wasser gefällig? Dann kommt hier zum Einstieg gleich mal knallhart -oder besser: lautlossanft- eine Sintflut gesammelter Weisheiten zum Thema „Widerstandskraft gegen Übel aller Art“-Stärken. Obschon wenig davon unbekannt sein dürfte, ist es doch der Schwall geballter Möglichkeiten, um den es hier gleich geht, weil schon das pure Lesen der schieren Masse ganz und gar nicht ungesunder Wege zum Besserfühlen einen ganz ausschlaggebenden Lustgewinn bringt. Mehr ist in diesem Fall wirklich besser, denn solange es ungemein viele Wege gibt, wird vielleicht auch ein persönlich passender dabei sein, so der Gedanke dahinter. Hier also die pralle Wundertüte zur Ausschüttung von Wohlfühlhormonen à la Oxytocin, Serotonin, Dopamin usw. Kleine Gebrauchsanweisung vorab: Solang (noch) nichts Passendes dabei ist, einfach weiterlesen…:

Atmen (langsam, bewusst, sanft, ein und aus in einem Fluss u.v.m.)  – Bewegen (von wenig bis viel, Hauptsache dass) – Natur (und damit: Bewegen in der Natur sowieso) – Musik (machen und hören) – Kuscheln (und ja, Sex, natürlich) – Neues Lernen (egal was) – Reisen (egal wohin, solange zumindest teilweise unbekannt) – Neues Ausprobieren (von Essen über Reden mit Unbekannten bis Sportarten) – etwas riskieren (nein, nicht Gambeln, besser Fallschirmspringen oder Menschen ansprechen) – Meditieren (mit Vorstellung oder ohne Visualisierung, mit Worten oder still, sitzend, liegend, stehend, gehend oder auch beim Yoga, völlig egal) – den Flow suchen (indem man in einem Hobby versinkt, von Blumengestecken über Gärtnern und Modellflugzeuge bis weiss der Geier was) – Wellnessen aller Art (dazugehörige Hotels, Massagen, Schwimmen, Saunieren, allerlei Behandlungen, kennt man ja) – gut Essen (also gesund oder genial) – nichts trinken (also nur Wasser und so) – ahja, apropos langweilig: Lachen (z.B. Kabarett und Comedians schauen) und generell mehr Spaß haben (schwierig in Zeiten wie diesen, aber nicht unmöglich: Galgenhumor könnte helfen, Ironie sowieso) – Schwelgen in Tagträumen (Sehnsucht ist oft stärker als Konsum; und sobald bewusst wird, dass es ums Träumen und nicht ums Erfüllen geht, macht Sehnsucht endlich richtig Spaß) – gut mit sich selbst sprechen (Stichwort: innerer Monolog) – Widerstand gegen das Leben an sich und die Ereignisse und Gegebenheiten im besonderen loslassen (siehe: Meditieren) – nicht Aufgeben (nein, keine Kontradiktion zu vorigem Punkt, sondern komplementär zu verstehen: alle Erwartungen ziehen lassen und alles Seiende im Sosein sehen und sein lassen, ohne zu interferieren) – sich für Sinnvolles einsetzen (wieder kein Widerspruch zu vorigen 2 Punkten, denn nach dem Loslassen und Seinlassen ist die Offenheit für neue Zugänge, Sichtweisen und Lösungsansätze erst da) – sich des Da-Seins bewusst sein und ja, last but not least und vielfach überprüfterweise effektiv in Sachen Wohlergehen: Dankbarkeit (egal wofür, wenn von Herzen).

Die Auflistung versteht sich nicht als vollständig, aber soviel kommt schon durch: Nein, keine Drogen, keine Exzesse, kein selbstzerstörerisches Verhalten, nicht Zuviel von irgendwas. Extreme lösen eine Pendelbewegung aus, High-Low. Eh klar eigentlich. Also Ja zur ewigen Mitte, oder wie? Vielleicht geht’s auch anders…

Das geheime Tor zum Widerstand gegen den Widerstand

Das wohl leiseste Geheimnis auf der Suche nach dem reinen Wohlgefühl in unsicheren Zeiten bietet eine Tür, die sich erst im Verweigern aller anderen Türen, seien sie anregender oder entspannender Natur, zeigen will: das ungemein unattraktive Tor der Langeweile.

Fad? Mitnichten. Fad führt further. Weiter hinein in den Kaninchenbau der eigenen Fantasie, wo Spannung, Spaß und Spiel auf uns lauern. Erst wenn‘s fad wird, widmen wir uns gern den im Stillen vor sich hin vegetierenden Schwingungspotenzialen wie der einsamen Gitarre im Eck oder dem verstaubten Bücherstapel, der fast vergessenen Freundin und der flüsternden Stimme im Hinterkopf, die unsere Kindheitsträume nicht vergessen will. Der wahre Flow lauert im Ungewissen (das sich von der angstmachenden Unsicherheit wesentlich unterscheidet). Im Unentschiedenen liegen die Einsicht und Freude des steten Neuan´fang(en)s.

Die Offenheit für Offenheit braucht allerdings viel Mut. Denn hier, auf der weiten Flur des nicht durch Aktivität zugemüllten Bewusstseinszustandes, trifft sich mit Vorliebe ein buntes Allerlei von halbgaren Sorgen, unguten Vermutungen, schrecklichen Erlebnissen und einengenden Schlussfolgerungen. Sie alle feiern gern Apokalypsen-Party, am liebsten gemeinsam. Aber wir, die wir der Langeweile sei Dank auf dem Floß des Flow vor uns hin driften, können sie alle zu Poetry Slam Fuel und Jackson Pollock-artigen Anflügen von Kunstschaffenheit (sie steht im krassen Gegensatz zu ikonografischer Repetition wohlbekannter Muster ewiger Rechtschaffenheit) machen und damit Treibstoff für Schöpferisches, für Werdendes und Weichendes zugleich, sein lassen.

Wohl denen, die anstatt getrieben zu werden, sich in unendlich anmutenden Mußestunden herumtreiben indem sie endlich Nichtstun.

SUNKEN SPIRIT SANCTUARY No 1

Vom Frust und zum Trust

Jetzt, „nach“ Corona, fühlen sich hierzulande die Hälfte der Bevölkerung schlechter als zuvor und Europaweit so viele junge Menschen deprimiert wie noch nie. Dieses Jahr möchte ich mich daher dem hartnäckigen Gefühl der Niedergeschlagenheit widmen – und der angeknacksten Seele die eine oder andere Hängematte bauen. Mitnichten mit dem Anspruch therapeutisch oder gar heilsam zu wirken, selbstverständlich. Vielmehr anregend, Anregungen zur Selbsthilfe anbietend, quasi. Im besten Fall durch Ideen, die nicht bereits völlig breitgetreten wurden (und vielleicht trotzdem nicht geholfen haben). Das mit der angepeilten Hilfestellung meine ich durchaus persönlich, denn auch ich gehöre zur Hälfte derer, die sich in dem schon länger hinziehenden Zustand von „wann ist Corona endlich vorbei – und wann fühle ich mich endlich besser?“ befinden. Post-coronale, offenbar Richtung „dauerhaft“ verbleibende Nachwirkungen permanent spürend, einen ausgelaugten Energiehaushalt mitschleppend und mit einem Hirn ausgestattet, das seltsam anders als „zuvor“ zu funktionieren scheint, betrifft auch mich die Tendenz des seit 2020 gesunkenen Spirits. Der Blog 2023 soll also unter dem Motto der Selbstwirksamkeit (s.u.) auch mir selbst helfen, aus emotionalem Dauerfrust, anhaltendem Körpertief und der spürbar nagenden Negativität nachhaltig unangenehmer Weltnachrichten und Weltaussichten etwas auszusteigen. Und zu einer Art Grundvertrauen (zurück?) zu finden, das danach hoffentlich wie Unkraut immer da bleibt bzw. immer wieder auch ohne es bewusst zu wollen aus dem Nichts heraus sprießt, egal, was rundherum und sogar im Körper drin passieren mag.

Vom Warten zum Wirken

Studien zum Umgang mit Niedergeschlagenheit belegen, dass Selbst-Wirksamkeit the way to go ist. Self-Care, also das Verantwortung-Tragen für den eigenen körperlich-seelischen Zustand und damit das aktive Umsorgen seiner selbst gehören zum Herausfinden aus einem tiefen Loch genauso dazu wie das Unterbrechen von negativen Gedanken(spiralen) und das Bewusstmachen der eigenen konkreten und diffusen Ängste, die nagenden Raubbau an jeder guten Stimmung betreiben und immer wieder zum Umpolen der eigenen Energieladung von Plus auf Minus beitragen. Wirksame Selbsthilfe beginnt bei der Einstellung zu sich selbst. Um überhaupt für sich sorgen zu wollen, muss man sich selbst zumindest ein bisschen mögen und wichtig nehmen.

You are extraordinary and I love you.

Mit dieser Affirmation drücken etwa US-Coaches aus, was als ein ganz grundlegendes Ziel des verantwortungsvollen Umgangs mit sich selbst gelten kann: Self-Love. Auf deutsch wirkt so ein Satz, den man sich selbst sagt, leicht pathetisch. Den eigenen Selbstwert allerdings nicht an Leistungen und unerreichbaren Erfolgsbildern festzumachen, sondern als gegeben anzunehmen, einfach so, ist allerdings auch in Europa ein wesentlicher Schlüssel zur inneren Unabhängigkeit. Überhaupt: Die Freiheit, so zu sein wie man ist, mit allen Eigenarten, Unzulänglichkeiten und Schmerzen, gehört zum Anerkennen der eigenen Person wie die Henne zum Ei. Doch wie kommt man zum „grundlosen“ Annehmen seiner selbst, nicht nur in guten, sondern eben auch in schlechten Tagen? Wenn man sich so gar nicht leiden kann – und darunter leidet. Quick Fix gefällig? Der erste Schritt mag banal anmuten, wirkt aber: verändere den Zustand, in dem du dich befindest.

Von Worten zu Wolken

Nichts, was ich schreibe, wirkt so sehr, wie ein Blick aus dem (geöffneten) Fenster, auf den Himmel oder in die Natur hinein, vorzugsweise auf ein bisschen oder auch mehr Wasser. Idealerweise mit ein paar oder mehr Schritten verbunden. Grün und Blau plus Bewegung – seiner selbst und der Optik, frische Luft – und schon geht die Atmung tiefer und werden negative Gedanken abgelenkt von vielen kleinen glitzernden und raschelnden Eindrücken. „Der Aufenthalt am Wasser macht uns fröhlicher und entspannter“ schreibt der Standard („Warum wir uns am Wasser so wohlfühlen“ vom 12.03.23). Entsprechende Studienergebnisse beziehen sich aber eben auch auf die grüne Natur: Puls und Blutdruck gehen nach unten, es werden weniger Stress- und mehr Glückshormone ausgeschüttet, was wiederum zu besserem Schlaf führt. Selbiger erhöht die Regenerations- und Resilienzfähigkeit und steigert die Ausgeglichenheit, Konzentration und Kreativität. Die erste „Zuflucht“ (als Übersetzung von „Sanctuary“) für die gequälte Seele lautet damit: Grün und Blau – Natur, Luft und Wasser. Raus mit uns. Und wenn‘s nur Rausschauen ist. Vielleicht auch ein bisschen Meeresrauschen dazu streamen. Wer auf einem Wölkchen des Wohlgefühls sitzen will, muss nicht aufs Jenseits warten, noch ist unsere Welt himmlisch schön, wenn wir sie denn wahrnehmen. Das mit der Selbstliebe, kommt mit dem Wohlerfühlen ganz automatisch. Und wenn nicht: Blog 2023 weiter lesen kann nicht schaden…