Warum Menschen ihre Jobs (nicht) verlassen
Wir brauchen eigentlich nicht viel für unsere (berufliche) Zufriedenheit. Laut diversen Untersuchungen steht Geld nicht im Vordergrund, um uns gerne zur Arbeit gehen zu lassen. Wichtig ist uns vielmehr die Gesellschaft von angenehmen und anregenden, inspirierenden Kolleg*innen. Noch wichtiger ist uns das Gefühl, nicht ersetzbar zu sein, also einen wichtigen Beitrag für den Erfolg des Unternehmens zu leisten, den jemand anders nicht so schnell erbringen könnte. Davor steht die Befriedigung dadurch, dass unsere Leistung gesehen und anerkannt wird. Vor allem von Vorgesetzten, aber auch von Mitarbeiter*innen und Familienangehörigen, uns wichtigen Menschen oder der Öffentlichkeit. Zuguter Letzt möchten wir den Eindruck haben, dass wir uns in unserer Arbeit und durch unser Tun ständig ein Stückchen weiter entwickeln können.
Was stresst uns also?
Wenn dies alles nicht der Fall ist. Wenn wir von unangenehmen und blockierenden, negativen Menschen umgeben sind, die uns vorschreiben wollen, wie wir die Dinge zu tun haben. Wenn wir langweilige Routineaufgaben erledigen müssen, die auch jemand anders machen könnte. Wenn es keine Anerkennung gibt, kein Lob, keinen sichtbaren oder spürbaren Erfolg oder Fortschritt. Wenn wir immer nur tun, und es nie genug ist. Wenn wir stets wesentlich mehr Aufgaben aufgebürdet bekommen, als wir bewältigen können, ohne dass ein Ende in Sicht wäre. Aussichtslosigkeit macht Druck.
Wenn wir ständig über die eigenen Energiereserven hinaus leben – für nichts, für kein erkennbares oder spürbares positives Resultat. Das stresst uns. Das laugt uns aus. Ein solches sinnloses Abstrampeln, ohne Pausen zum Regenerieren, beeinflusst auch das Leben „außerhalb“ des Jobs: Wir nehmen uns keine Zeit mehr für tiefgehende Begegnungen und haben keine Lust mehr auf tief berührende Beziehungen.
Obwohl wir wissen, wo uns das hinführt, gehen wir einfach weiter, werden unaufhaltsam getrieben vom „Lauf der Dinge“: von der andauernden schlechten Laune schleichend hin zur Dauerdepression. Wir verwandeln uns zu einer ständig geladenen Kanone, die mit ihren wiederkehrenden Explosionen oder Implosionen (wie Krankheiten oder seelischen Zusammenbrüchen) sich und die Umwelt erschüttert. Von der ursprünglich nahezu unerschöpflichen Energie schlittern wir in die Saft- und Kraftlosigkeit. Von den schönsten Träumen fallen wir in die Niederungen des drückendsten Alltags herab. Von der Freude an der und auf die Entspannung kippen wir in die Schlaflosigkeit. Kurz: Das Feuer der Lebensfreude verwandelt sich in ein ausgebranntes Dasein. Endstation Burnout.
Zwischen Anregung und Überforderung
Ja es gibt ihn, den anregenden Stresslevel. Er ist dann gerade richtig, wenn er uns herausfordert ohne uns zu überfordern. Wenn er uns aus der Komfortzone hervor lockt, uns inspiriert und zu kreativen Höchstleistungen anspornt. Viel zu oft lastet jedoch ein Druck auf uns, der auf unangenehme Art aufregend wirkt. Und viele von uns vermögen viel zu selten, sich wieder ins Angenehme hinein abzuregen.
Unsere bevorzugten Entspannungstechniken münden leider oft in Suchtverhalten: in zu viel Essen, Trinken, Fernsehen, oberflächliche Begegnungen, fortlaufendes Ablenken, Dampf an Unschuldigen ablassen, eigene Probleme in die Schuhe anderer schieben. Echte Abhilfe, Tiefenentspannung, grundlegendes Regenerieren oder ein wirkliches Absteigen vom Stresskarussell, erreicht ein solches Verhalten nicht. Auf Dauer empfinden wir eine Unzufriedenheit auf allen Ebenen. Wir sind immer weniger „im Frieden“ mit uns selbst, unserem Körper, unserem Leben. Vielmehr kämpfen wir gegen uns selbst oder gar ums Überleben. Ein solcher Kampf kann nicht zum Frieden führen…
Zeit zum Aussteigen
Doch genug des Gejammeres über wenig hilfreiche Verhaltensweisen, die jeder kennt. Über Sachverhalte und Stimmungslagen, von denen keiner hören will – außer jenen vielleicht, die es gerade betrifft. Und auch von denen wollen es vielleicht nur 10% wahrhaben (meist wahrhaben müssen), da die anderen noch in oben beschriebener Abwehrspirale, im Ablenkungsverhalten hängen. Bis sie nicht mehr können. Dann erst ist für sie die Zeit zum Aussteigen gekommen.
Lust und Laune, Sinn und Spaß
Eigentlich wissen wir genau, wie wir leben wollen, damit es uns gut geht: Nach eigenem Ermessen, unserer Lust und Laune folgend, das tuend, was uns Sinn und Spaß macht. Warum bloß handeln wir aber viel zu selten danach, nach unseren eigenen Wünschen? Schuld sind, so erzählen wir uns, einfach die Zwänge: Das Geld. Die Verpflichtungen. Die Verantwortungen. Der Rucksack unserer Vorstellungen vom gelingenden Leben wiegt zu schwer. Und die Schulden, die wir auf Grund dieses Rucksackes in der realen Welt angehäuft haben und ständig weiter aufhäufen, treiben uns immer weiter.
Wobei „Schulden“ natürlich mit Schuld zusammenhängen. Zum einen sind wir selbst schuld, dass wir hier drinstecken. Das macht viele wütend auf sich selbst, aber auch auf die Welt, die uns scheinbar keine Wahl lässt. Außerdem stehen wir immer jemandem in der Schuld, etwa wenn wir monatlich eine Unmenge an Rechnungen zahlen müssen. Wir schulden anderen unsere Daueraufträge, unsere Versicherungen, unsere Steuern, die Reparaturen an unseren Häusern und Wohnungen, die Schul- und Studienzeiten unserer Kinder. Was für ein Riesenhaufen Lasten! Und das sind nicht einmal die Altlasten, das sind die Dauerlasten – und die Zukunftslasten. Wie, bitte schön, soll das Leben so Spaß und Sinn machen?
Erfüllung und Abwehr
Die Lebensumstände in unseren Breiten, die reine Existenz in der angeblich besten Lebensqualität des Planeten, kosten vielen von uns buchstäblich den letzten Nerv, das letzte Quäntchen Energie. Das klingt eigentlich widersprüchlich. Es sollte uns hier gut gehen, besser als irgendwo sonst. Irgendetwas stimmt hier nicht. Wir sollten alles haben, um ein erfülltes Leben zu führen und leben zugleich voller Abwehr vor dem, was wir täglich tun müssen. Wir sind im Dauerwiderstand. Das stresst.
Wenn wir nicht tun, was wir wollen und wenn wir mehr sollen als wir können, scheint es kein Entrinnen zu geben. „Halt!“ sagt es im Inneren. „Vorwärts!“ sagt es im Außen. Das zerrt an den Eingeweiden der Seele. Wir sind nicht mehr, wir werden von den Umständen gelebt. Selbst-Aufgabe ist die Folge. Wir geben unser eigentliches Selbst entweder auf – oder wir machen es uns wieder zur Aufgabe.
Selbst ist Frau/Mann
Das Rezept zur Lösung des Problems ist tatsächlich einfach: Stärken Sie Ihre Widerstandskraft, indem Sie Ihren Körper stärken, Ihre Gefühle stärken und Ihren Geist stärken. Der Zaubertrank zum stressresistenteren Leben besteht im Grunde aus Selbstverantwortung. Sie verwandelt Fremdbestimmung in Selbstbestimmung. Der Zauber macht uns immens stark. Er wirkt, weil ein freudvoll und sinnvoll geführtes Leben automatisch eine stabile Verbindung zu uns selbst, zu unserer Umwelt und zu unseren Mitmenschen aufbaut. Solche Verbundenheit nach innen und außen macht uns belastbar.
Fragen Sie sich: Was kann ich aktiv FÜR mich tun (statt gegen die Umstände)? Wie kann ich Wohlbefinden auf körperlicher, emotionaler und geistiger Ebene erzeugen? Hier einige mögliche Ingredienzien zum besten aller Leben, zum eigenen:
- GEIST: Wo will ich hin und wie komme ich dort hin? Finden Sie eine realistische und wunderschöne Vision eines für Sie gelingenden Lebens. Malen Sie das „Big Picture“ Ihres Lebens – welches Verhalten macht Sinn? Welche Erfahrungen machen Spaß? Und setzen Sie jeden Tag Schritte in diese richtige Richtung.
- GEFÜHL: Wo finde ich hochqualitative Beziehungen und bereichernde Begegnungen? Woher kennen Sie solche Formen des Miteinanders, wen gibt es in Ihrem Leben, wie können sie solche Kontakte noch mehr/intensiver/öfter erleben?
- KÖRPER: Wie kann ich mich pudelwohl in meiner Haut fühlen? Gesundheit ist nicht nur die Abwesenheit von Krankheit. Körperliches Wohlgefühl und sich selbst gefallen haben oberste Priorität. Hier ist vieles möglich: Massagen, Vollbäder, Sauna, Sport, richtige Ernährung (die nicht belastet), Wasser trinken, angenehme Kleidung, aufrechte Haltung – die Liste ist schier endlos…
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