EFFICACY

Secret Success Story No 5 – Über die Berechenbarkeit von Erfolg

Shareholders Dream

Der direkte, berechenbare, exponentiell wachsende Weg zum Erfolg! Feuchter Traum aller Investoren. Vision aller Strategen. Mission aller Vertriebler. Daumenschraube der Produktion. Motivation des Marketings. Aufgabe der Konsumenten. Ideale Geißel der Vierteljahresberichte. Seit dem Ende des Industriezeitalters verlorene Legende. In Technologiebetrieben darf die Sage immer wieder auferstehen. Apple macht‘s möglich: Wir können noch daran glauben. Die „üblichen Verdächtigen“ des Erfolges wie die Geschwindigkeit der Innovations- und Produktionszyklen, niedrigste Produktionskosten oder ein Image als „state of the art“-Prestigeobjekt lassen wir jetzt mal außen vor.

Disruptive Innovation ist schon ein spannenderes, weil weniger bekanntes Konzept. Es meint so viel, wie daß alles Gute besser früher ein Ende nimmt als später. Und durch etwas ersetzt wird, was auf bis dahin noch ungeahnte Weise noch mehr Kundenbedürfnisse noch viel effektiver stillt. Es geht darum, das letztendlich immer Gleiche immer wieder auf immer neue Art zu erfinden, mit atemberaubenden Möglichkeiten auszustatten und mit witzigen Methoden zu präsentieren. Persönlich irgendwie, scheinbar ein Geheimnis offenbarend und zugleich dem Mitbewerb und sogar eigenen Produkten überlegen seiend. Die Produkte sollen alles können, was der moderne Mensch offenbar so dringend braucht: totale Mobilität ermöglichen, völlige Verbundenheit zulassen, Aktionen in Echtzeit gestatten, Verlässlichkeit und Vertrauen vermitteln. Den letzten Punkt liefert die Kraft einer Marke an sich. Für den Rest ist die Technik verantwortlich. Und Technik hat für die Wirtschaftswelt etwas prinzipiell Erleichterndes – sie funktioniert mechanisch. Senn auch digital. Ist sie jedenfalls rational nachvollziehbar. Technik und Finanzwesen ähneln einander insofern, als dass der Anschein von Berechenbarkeit einen Eindruck von Sicherheit schafft. Ob nun in Wahrscheinlichkeit oder Unwahrscheinlichkeit gerechnet wird, macht gar keinen so großen Unterschied…

Risikostreuung ist ein weiteres Erfolgsprinzip der strategischen Erfolgsführung. Überhaupt der effiziente Umgang mit Risikofaktoren. Der Mensch, die Umwelt, die politische Landschaft (vor allem in den Billigproduktionsländern), der Finanzmarkt, die Immobilien und die diversen immer wieder aufpoppenden „Blasen“ – alles quasi kalkulierbare Risikofaktoren. Die Versicherungen könnten sich eigentlich freuen, wäre da nicht die offensichtlich steigende Unverlässlichkeit der Realität. Unwahrscheinliches nimmt tatsächlich zu. Auf das Klima kann man sich wirklich nicht mehr verlassen, da stimmen die Berechnungen langsam. Katastrophenschäden müssen dennoch bezahlt werden, Bankenhaftungen werden unvorhergesehener Weise schlagend, ganze Staaten können mittlerweile verklagt werden.

Disruptive Probability könnte man sagen. Seitdem Risiko in Unwahrscheinlichkeit berechnet wird, weil die Wahrscheinlichkeit als sichere Berechnungsgrundlage nicht mehr ausreicht, lässt sich die Zukunft gewissermaßen wieder planen. Das ist natürlich nichts Neues. Wer sich heutzutage nicht mit aller Unwahrscheinlichkeit neu erfindet, zählt schnell zum alten Eisen. Und im Risiko liegt die Krux: Entscheider großer Konzerne verlassen sich auf Sicherheit spendende Studien, um für die Unberechenbarkeit keine Verantwortung tragen zu müssen. Oder sie entscheiden gleich gar nicht. Die meisten Manager großer Konzerne werden so und so nach einem Jahr in ein anderes Land versetzt. Verzögerung, Nicht-Tun, bloß nichts falsch machen sind beliebte Strategien im Umgang mit dem Unberechenbaren. Das mittlere Management verzweifelt derweil, weil es keine klaren Ansagen bekommt und kaum agieren kann. Top-Manager werden ja an sich für ihr Risikohandling, für den Überblick, für das Verantwortung-Übernehmen von etwas Unberechenbaren derart hoch bezahlt. Dafür, dass es eben jederzeit auch schiefgehen kann. Sie werden so überproportional gut bezahlt, weil sie mit hoher Wahrscheinlichkeit für irgendetwas im Gefängnis landen könn(t)en, von dem sie vielleicht gar nichts wissen (wollen). Bei ihnen geht es meist weniger um „Arbeit“ oder „Leistung“ im klassischen Sinn, also um ein Abarbeiten von Vorgaben. Es geht bei ihnen weniger um operative Umsetzung, als vielmehr um die heutzutage unbezahlbare Fähigkeit zur (finanziellen und rechtlichen) Absicherung in diverse Netzwerken, um das Gewinnen und Halten von mächtigen Verbündeten, um das Durchsetzen von Gesetzesänderungen – eben um die Fähigkeit zur praktischen „Risikostreuung“.

Security Check

Sicherheit und Kontrolle, die Relikte eines hoffnungsschillernden mechanistischen Industriezeitalters, bröseln an allen Ecken und Enden. Doch was ist ein großer Erfolg heute noch wert, wenn er nicht berechenbar ist? Wenn er keine cash-machine wird? Ein „One Hit Wonder“ in der Wirtschaftswelt ist desaströs, etwa wenn man ein Unternehmen mit dem Versprechen konstanter Erfolgsleistung an die Börse bringen möchte. One-Hit Wonder werden belächelt, man hält solche Unternehmer für Loser, die wie ein blindes Huhn auch einmal ein Korn gefunden haben.

Wohin aber mit all dem Geld, das investiert werden will bzw. muss (weil Liegenlassen zu viel Steuern kostet)? Am besten man bleibt am Puls der Zeit und erschnüffelt à la Trüffelschwein den nächsten verlässlichen Superhit, der die Wirtschaftswelt revolutioniert. Business Angels versuchen vielversprechende Startups mit Geld und Knowledge, mit Netzwerken und Mentoring auf ihrem Weg zum Erfolg zu unterstützen. Das birgt durchaus ein Risiko, bietet jedoch nach dem eigenen Berufsleben eine Art Jungbrunnen für so manchen Ex-Manager, der sich vielleicht gerade noch rechtzeitig vor den drohenden Unsicherheitskonsequenzen aus dem Erwerbsleben zurückgezogen hat. Oder der golden für sein Gehen gehandshaked wurde, weil er „alte“ Ansichten vertrat, wie man zum Erfolg kommen könne. Oder solle. Ethik, CSR, Nachhaltigkeit – schöne Vorstellungen in unserer sich am Geldfluss messenden Erfolgsgesellschaft. Sollen die anderen sich darum kümmern, die Schwachen. Oder die, die eine Imagepolitur nötig haben. Firmen mit Produkten, die in der ersten Welt umstritten sind, investieren dann halt in der zweiten oder dritten Welt. Sie gewähren Mikrokredite, stiften Spitäler und bauen Produktionshallen – dort wo keiner hinwill (weil das Risiko zu groß ist). Sie schaffen Arbeitsplätze, unterstützen die Menschen vor Ort und beeinflussen die Politik. Ob dasselbe Produkt zuvor in der ersten Welt als ungesund eingestuft wurde, interessiert dann keinen so wirklich, denn hier passiert Entwicklungsarbeit. Gut? Böse? Wirtschaft. Wirtschaft im Angesicht globaler Wachstumsmöglichkeiten. Die Frage, ob es Wachstum ohne Ende geben kann, ist ein alter zeitlos unmoderner Hut. Alternative Wirtschaftsmodelle werden gesucht, de facto aber nicht gewollt. „Das System will sich stets selbst erhalten“: Selbstkonstruktion, Selbstähnlichkeit und Selbstorganisation nennen diverse Wissenschaften diesen Mechanismus. Um systemische Strukturen im großen Stil zu verändern braucht es entweder „genetische Mutation“ (also den Zufall) oder massive Störung (also Revolution, Krieg oder Katastrophen). Die rein menschliche Motivation über die Aktivierung von Belohnungszentren führt nur selten aus der Komfortzone des Vertrauten heraus.  Daher bleibt die Wirtschaftswelt trotz berechenbarer Unberechenbarkeit so wie sie ist.

Sicherheit als Zustand

Unser Gefühl von Sicherheit hängt nicht notwendigerweise nur mit der Planbarkeit von Zukunft zusammen. Zuversicht und Optimismus, Überzeugung und Einsatz vermögen uns Stabilität zu vermitteln. Doch dies sind zunächst einmal Zustände, die es im einzelnen Menschen, in Teams und in Unternehmen zu entwickeln gilt. Aus ihnen entstehen dann eventuell Sicherheit spendende Umstände. Weder die Zustände noch die vielleicht daraus folgenden Umstände lassen sich mit Zwang, Kalkulation oder Kontrolle herstellen. Sich erfolgreich zu fühlen ist doch glatt etwas anderes, als mit Geld messbaren Erfolg zu haben.

Lesen Sie nächste Woche mehr über den innerlich befriedigenden Effekt von Erfolg:

Spürbar Erfolgreich?

Can you get any satisfaction? Und wenn ja: immer wieder, regelmäßig, quasi wie vom Fließband?

SATISFACTORY- Success Story No 6: Samstag, 11.04.2015, 10.00

BeMeUp – Der Erfolgsblog. Jeden Samstag um 10.00. http://www.bemeup.today

 

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