Sunny Side Step 8 – Paarungszeit

Es war einmal…

…ein Prinz, der wiederholten Putschversuchen zum Trotz erneut inthronisiert wurde. Doch braucht er für die fürderhin reibungsfreie Verwirklichung all seiner Wünsche eine Partnerin. Es bieten sich aus den umgebenden König(innen)reichen auch prompt zwei Willige und eine Widerspenstige an. Wie beim guten alten Datingprocedere heißt es zunächst einmal: was will der Prinz? Einen schnellen Quickie zu seiner Befriedigung, auf schmutzige Weise hinter verschlossenen Türen zur Verlustigung der beiden Beteiligten – oder eine eventuell mühselige Langfristbeziehung mit commitment zueinander und zu den Ansichten des/der anderen, mit gemeinsamen Beziehungen zur Außenwelt, mit gelegentlicher Paartherapie in Krisenzeiten, mit sozialen Verpflichtungen?

Das Blaue Wunder

Ja klar, der türkisgewandete Prinz könnte sich ratzfatz mit der blauen Möchtegerndomina zusammentun, daraufhin schalten und walten, wie er will. Nur die Kollateralschäden, die seine letzte Geliebte zu ihrem Eigennutz ohne Gewissensbisse verursacht(e), gilt es halt auszubaden. Davon wird es mehr geben, denn sie kann ja nicht anders. Alles Einzelfälle, die aber insgesamt ein Charakterbild ergeben. Weshalb sie als Konkubine des Herrschenden auch in der Gunst des Volkes gefallen ist. Jetzt schon -noch bevor überhaupt kundgetan ist, wer da mit wem intim werden wird- wiederholen sich die medial und zivilgesellschaftlich ausgeschnaubten Stoßseufzer: „Wir haben‘s ja gesagt. Kein Anstand, die Bagage, alle miteinander.“ Und dass Türkis eigentlich eh fast Blau ist, braucht im Falle eines Revivals dieser Liaison wirklich niemanden mehr zu wundern.

Rot sehen

Aber was ist mit der anderen Willigen und der Widerspenstigen? Oder gar mit der Ex? Die Ex sieht seit jeher Rot, wenn sie Schwarz sieht, das ändert sich auch kaum im Gegenwart der umgefärbten Türkisen. Wiewohl sie momentan für selbige wieder attraktiver sein könnte, weil schwächelnd und wenig kampfeslustig. Wenn es nicht widerlich sexistisch klingen würde könnte man fast sagen: sie hätte es bitter nötig (das Regieren). Allerdings haben die beiden gegen das lange Ende ihres Beziehungslebens hin leider dauerhaft missharmoniert. Was ursprünglich als durchaus bereichernde Komplementarität (man erinnere sich an das altmodische Wort Sozialpartnerschaft) gesehen werden konnte, die mehr Seiten als bloß einer diente, ist zunehmend in böswillig oder hilflos anmutende Stagnation gekippt. Respekt, Wertschätzung, Zuhören, Dialog? Nada. Paartherapie wäre rechtzeitig angebracht gewesen. Nun scheint der Ofen aus zu sein.

Bleibt noch die willige Pinke und die/der widerspenstige Grüne.

Die Rosa Brille und der Grüne Star

Der Grüne Star wirkt mit sich selbst zufrieden. Er weiß, wofür er steht und was er will. Er wird sich nicht anbiedern. Ja nahezu widerspenstig begegnet er möglichen Anfragen, ob denn der Thron für ihn interessant wäre. Dazu hat er jedes Recht, will er sich doch nicht verkaufen. Darob wird allerdings der Spagat, den unser Prinz hinzulegen hätte, ein durchaus gewagter. Er müsste sich nämlich zu Dingen verpflichten, die zwar Sinn machen aber auch Geld kosten. Und zwar das Geld der ihn am Thron haltenden Lehensherren des Staates. Und er müsste langfristig denken und nachhaltig handeln lernen. Was ihm aber durchaus zugetraut werden könnte, ist er doch noch in lernfähigem Alter. Allein der Wille und die vox populi scheinen hierfür den Ausschlag zu geben.

Apropos Stimme des Volkes: Seitens der nicht zu vernachlässigenden Zukunft und ihrer aktuell bereits lebenden (wählenden und auch weiterhin wählen werdenden) Generationen wäre allerdings die junge Garde mit ihm und seinem Lernprozess. Ja, sie würde ihm beim Spagat-Üben tatkräftig zuskandieren, all jene wackeren Recken und holden Maiden (ja, die Kinder der Bloggenden mussten sich vor gar nicht allzu langer Zeit die Nibelungensaga zu Gemüte führen), die sich dem Klimadrachen munter entgegenwerfen. Ihre Aufmunterungen können durchaus Kraft geben – vor allen Dingen jenen, die sie ernst nehmen.

Und damit zum Fazit: Was käme in einer solchen Situation eigentlich gelegener, als eine rosa Brille? Nicht, dass die rosa Queen nicht auch ihren eigenen Willen hätte und sich die Welt widiwidiwiesieihrgefällt machen möchte. Aber als Vermittlerin und Obachtgebende, auf Fairness und gesunde Kompromisse Achtende, mitunter wesentliche Entwicklungsrichtungen Anstossende könnte ihre Rolle recht fruchtbar sein. Bekommt der Prinz im besten Fall also gar zwei Königinnen? Nun, vielleicht wäre korrekter zu sagen: einen Ko-König und eine Art Schiedsrichterin mit eigenen Anliegen? Wir, das Volk, bleiben gespannt.

Das bunte Potenzial funkelt jedenfalls zauberhaft…

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SUPER SIMPLE SOLUTION No 19 – Massen weise Entscheidungen

Ohnmacht oder die Angst vor der Courage?

Wie oft wird einem Politiker vorgeworfen „umzufallen“. Man nehme etwa einen Bundeskanzler, zunächst hochgelobt und von Erwartungshaltung nahezu erdrückt. Früher oder später ereilt ihn die Realität: Europa im Angesicht der Globalisierung, Österreich im Angesicht der Populisten, Parteien im Angesicht ihrer heterogenen Klientel und Boulevard, der einen Keil in der Gesellschaft sucht und verstärkt, um seine Auflagen zu erhöhen

Die Macht der Masse

Sollten wir sämtliche politische Entscheidungen durch „das Volk“ treffen oder zumindest legitimieren lassen? Wie sieht die ideale Form der bürgerlichen Mitbestimmung aus? Wie können Wünsche und Bedürfnisse, Meinungen und Rechte aller berücksichtigt werden?

Was heißt es, wenn eine „gespaltene“ Gesellschaft Entscheidungen trifft, die für 50% der Menschen im Land mindestens fragwürdig, wenn nicht sogar abzulehnen ist?

Hat die Mehrheit immer Recht?

Wir kennen das Vorgehen aus der Wirtschaft und auch aus der Medienwelt: Meinungsumfragen, Marktforschungen und andere Methoden, um die Stimmung und die Urteile der Menschen zu erheben, dienen den Entscheidern gerne als Basis zur Befriedung der eigenen Leute und vor allem auch als Legitimation für Änderungen (oder eben keine Änderungen). Aber: Wir kennen die Tücken von Umfragen mittlerweile nur zu gut. Um nur eine zu nennen: Trotz aller Hochrechnungen und Wahrscheinlichkeiten, bilden sie natürlich nur ab, was gefragt wurde. Und die Schlussfolgerungen liegen ebenso oft ganz im Auge des Betrachters (Auftraggebers). Wer sich unsicher ist, macht eine Umfrage, um so seine Entscheidung rechtfertigen oder die eigene Argumentationsweise abstimmen zu können. Feige sagen die einen, notwendig sagen die anderen. Ohne Rückendeckung ist es einsam im Dickicht der ungewissen Zukunft mit ihren unvorhersehbaren Schlaglöchern. Aber heißt dass, dass die Befragungen und damit „die Mehrheit“ selbst die „richtigen Entscheidungen“ trifft? Worauf basieren die Entscheidungen „der Menschen“? Richtig. Wie (nicht nur) die Neurowissenschaften postulieren, werden Entscheidungen im limbischen System, also im emotionalen Teil unseres Gehirn, wenn man so will, getroffen – und erst im Nachhinein „rationalisiert“, also vom Verstand versucht, zu erklären.

Damit zum anderen Weg, zu versuchen, das zu tun, was „die Menschen“ wollen: auf die Stimmung „im Land“, sprich in den Medien, vor allem auch den sozialen Medien eingehen. Aber ist wirklich wichtig, was sich lautstark und wiederkehrend im Sumpf der eigenen und fremden Resonanzkreise äußert?

Schwarmintelligenz

Zu Beginn der 2000er Jahre galt dieser Begriff als bahnbrechend: Man nahm an, dass wir gemeinsam, also als Kollektiv, wie „selbstorganisiert“ durch Kooperation und Kommunikation zu wesentlich schnelleren und besseren Entscheidungen finden würden. Mittlerweile hat sich zu dieser Ansicht eine zweite gesellt: „Gemeinsam sind wir dümmer“ betitelt etwa Der Spiegel  einen Artikel im Wissenschaftsteil. Er bezweifelt, dass aus „vielen guten Entscheidungen Einzelner“ die „Weisheit der Masse“ würde. Interessanterweise haben Studien herausgefunden, dass Schwarmintelligenz schnell in „Schwarmdummheit“ umschlagen kann – und zwar, sobald Menschen erfahren, dass andere über ein Problem anders denken als sie selbst. Wir wollen es nicht wahrhaben, aber dann verändern wir selbst unsere Meinung, zumindest ein bisschen. Leider kann sich dieses „bisschen“ hochschaukeln und im kollektiven Konsens zu wahrem Un-Sinn umschlagen.

Der Todessprung der Lemminge

Um die „Weisheit der Vielen“ nutzen zu können ist es wichtig, dass der Einzelne bei seiner Entscheidung nicht weiß, wie die anderen entscheiden. Diese Beeinflussung von außen, überdeckt oft die innere Einstellung. Wir müssten uns abschirmen. Gerade die sozialen Medien sind so äußerst effektive Stimmungsmacher und Manipulatoren. Wir manipulieren uns selbst und einander. Wir müssten also bewusst verstärken, was wir in der Welt sehen wollen. Dazu braucht es eine gehörige Portion Selbstbewusstsein und den Mut, Kritik einstecken zu können, ebenso wie die Fähigkeit, andere Meinungen zu sehen, zu verstehen und darauf eingehen zu können, ohne die eigene Meinung außer Acht zu lassen.

Die Volksvertreter und der Opportunismus

Diese Gratwanderung machen auch unsere Politiker durch: Zwischen eigener Meinung, Positionierung der Partei und Stimmung der Bevölkerung, suchen sie einen Weg, der ihnen nach außen hin ein anerkanntes Profil gibt und zugleich sich selbst und die „eigenen Leute“ nicht verrät.

Reines Vertrauen scheint daher bei der politischen Mitbestimmung genauso wenig hilfreich zu sein, wie die pure Abwehr gegen alle Politiker. Angst ist kein guter Ratgeber für Entscheidungen, ebenso wenig wie Frustration, Wut oder blauäugiges Wunschdenken geeignete Einflüsterer für sinnvolle Entscheidungen sind. Was also tun?

Die einfache Lösung

Wenn sich Politiker immer nur nach dem „Willen des Volkes“, sprich der Mehrheit, richten würden, wären wertebasierte Entscheidungen oft im Hintertreffen. Die Vorteile einer repräsentativen und parlamentarischen Demokratie liegen insofern auf der Hand, als die politischen Vertreter verpflichtet wären, gewisse Grundstandards wie die Grundrechte aktiv zu vertreten. Minderheiten und Anliegen, die von vielen als weniger populär, weniger akut oder weniger wichtig eingestufte werden, wie etwa Maßnahmen und Strategien zur Gleichberechtigung bzw. Gleichbehandlung, gelangen dadurch nicht allzu sehr ins Hintertreffen. Eine solche Verantwortung zu tragen sollte den gewählten Volksvertretern zugestanden werden. Sie sollten im Sinne der Verfassung und der Grundwerte einer Gesellschaft agieren, ohne den Machtspielen und Manipulationen durch Populisten nachgeben zu müssen.

Zum anderen ist es wichtig, dass jeder Einzelne im Kontakt zu seiner inneren Entscheidungswelt, zu seinen persönlichen Werten steht. Dazu müssen wir lernen, dem Gruppendruck zu wiederstehen. Der Beeinflussbarkeit durch andere muss ein profunder Standpunkt gegenüber stehen können. Hier hilft zum einen Bildung. Etwa bieten sich Kommunikationstrainings und Diskussionstrainings in Schulen an. Sie können zeigen, wie Menschen unterschiedlicher Meinung sein können, ohne sich deshalb angegriffen zu fühlen, rechtfertigen oder verteidigen zu müssen oder die Meinung des anderen annehmen zu müssen.

Nein, wir sind kein Schwarm. Wir sind Individuen, die selbst bestimmen können, was wir für gut und richtig halten und wie wir miteinander leben wollen. Trotz und in aller Verschiedenheit.