Silver Sounds of Silence: 3

Kampf und Kooperation

Wo liegt die Quelle des Friedens verborgen? Im Inneren des einzelnen. Und in der Funktionsweise von Systemen. Beginnen wir bei Zweiterem: Systeme, die auf Konkurrenz, Gewinnen, Profit oder Machtwachstum basieren, sind auf Kampf ausgelegt. Ok, ein sportlicher oder wissenschaftlicher Wettkampf kann auch zu Höchstleistungen anspornen. Aber die Grundhaltung bleibt: jeder gegen jeden. Diesen Systemen stehen jene gegenüber, die auf Kooperation, Aufbau und Erhalt gesunder Umwelten und fruchtbarer Umstände für alle, sowie auf Verantwortung fußen. Ver-Antwortung bedeutet dabei nicht die moralische Keule zu schwingen, lustfeindlich oder Besserwisser vom Dienst zu sein. Verantwortung meint, sich für das Suchen, Finden und Implementieren von Antworten auf drängende Herausforderungen zuständig zu fühlen. Derartige Systeme brauchen ein Miteinander.

Krieg und Frieden

Sowohl kampfbasierte Systeme als auf Kooperation ausgelegten Systeme können für sich, in sich funktionieren. Sie können eine gewisse Stabilität bieten und Überleben sichern. Sie können vielleicht auch eine Zeit lang nebeneinander, allerdings kaum miteinander funktionieren. Denn sie gehen mit Problemen unterschiedlich um: Kontrolle, Eigennutzen und Unterwerfung aller anderen auf der einen Seite – Analyse, Mitverantwortung und gemeinsames Handeln auf der anderen. Auch die Erlebensqualität für Menschen, die in und nach den Spielregeln der jeweiligen Systeme leben, unterscheidet sich gewaltig: Gewaltausübung macht den Unterschied.

Mut und Stille

Hier kommt die Stille ins Spiel. Und der innere Friede. Sich gewalttätigen Systemen zu widersetzen kann auf verschiedene Weisen geschehen. Mit buchstäblichen Bomben und Granaten – oder mit stillem Widerstand, mit leiser Diplomatie und „unblutigen“ Mitteln wie finanziellen Repressalien. Wer zur Stille bereit und zum inneren Frieden geneigt ist, wird freiwillig innehalten und gewaltarme oder gewaltfreie Lösungen suchen. Den anderen, jenen, die auf Kampf gepolt sind, müssen jedoch diese „gewalt-alternativen“ Daumenschrauben derart weh tun, dass ein Ende von Kampfhandlungen weniger schmerzhaft und vielleicht sogar profitabler wirkt als das Aufrechterhalten derselben.

Ist Friede käuflich?

Kann man Frieden kaufen? Die wirtschaftliche Verflechtung Europas war der Weg des Friedens nach dem zweiten Weltkrieg. Bis die Wirtschaft anfing zu wackeln (Stichwort Finanz- und Wirtschaftskrise ab 2007) und sich die Frage stellte: Gibt es ein gemeinsames Europa, das über wirtschaftliches Wohlergehen hinaus denkt und handelt? Wollen EuropäerInnen einen gemeinsamen Lebensraum der gemeinsamen Werte? Die Herausforderungen gemeinsamen humanitären Handelns plagen diese Frage nach einer Wahl zwischen Gegen- und Miteinander in Europa seit der Flüchtlingsstrom ab 2015 die Schwächen eines rein wirtschaftsbasierten Friedens aufdeckt. Unterm Strich bleibt die Nutzenfrage: Was haben wir vom friedlichen Miteinander mehr als vom gewalttätigen Gegeneinander (Nichts-Tun ist in humanitären Fragen gewalttätig!)? Kann man Menschen, die auf Eigennutz, Überleben und Kampf gepolt sind, die durch Autokratie, Patriarchat, Hierarchie, Gewalt aller Art hindurch zu überleben gelernt haben, die sich entweder als Gewalttäter oder Mitläufer, als Ignoranten oder Opfer mit dem Kampf „arrangiert“ haben, denn von einer gelingenden friedfertigen Gesellschaft überzeugen – ohne, dass eine solche Idee naiv wirkt, lebensfremd, irreal?

Angst und Vertrauen

Was im Kern kriegerischer Handlungen liegt, mag komplex wirken, lässt sich aber wohl auf einen Schlüsselfaktor zurückführen: Angst. Individuelle wie systemisch verankerte Angst. Der einzelne Kriegführende hat Angst um sein Überleben, um das Überleben, dessen, was ihm wichtig ist, um das Bild, das er von sich und der Welt hat. Diese Ängste müssen keine realen Gründe haben, sie bieten aber den Nährboden für die Gestaltung beängstigender Umstände und Erlebnisse. Angst und Gewalt gehen Hand in Hand. Vertrauen und Verantwortung ebenso. In und für sich selbst, in und für andere. Angst geht mit Lärm einher, mit Hyperaktivität. Vertrauen mit Ruhe, mit Stille. Aus dem Stress der Angst entstehen gewaltige Probleme. In der vertrauensvollen Entspannung finden sich lebens- und liebenswerte Lösungen. Aggressoren zu entspannen, bevor profitable und werthaltige Lösungen entwickelt werden, kann helfen. Vertrauenswürdige Handelnde sind dabei der Schlüssel. Ohne menschliche Glaubwürdigkeit der VerhandlungspartnerInnen braucht eine friedliche Lösung verschiedene Orte und Taten, die einer Phase oder einem Zustand der Stille entspringen: neutrale Intervention, neue Player, intensive Reflexion, inklusive Visionen.

Aus der Stille in die Welt

Aus der Sille springt das „Anders“, ihr entstammt das „Mögliche“. Manche beten laut, andere treten leise, um in die Stille zu gelangen. Unsere Zeit braucht alle Wege, die in jene friedvolle Stille führen. Unsere Zeit braucht stille Zonen, die mit einer Fülle möglicher Lösungen schwanger gehen. Tauchen wir ein in den tonlosen Raum, tauchen wir auf aus dem wortlosen Grauen.

Werbung

SUPER SIMPLE SOLUTION No 9 – Krieg und Frieden

Umbruch – Abbruch – Aufbruch

So kann es nicht weitergehen“, hört man diese Tage allerorts. Wirtschaft, Arbeitsmarkt, Bildung, Sozialwesen, Gesundheitswesen, Pensionen etc. – lauter offensichtlich weder einfach noch schnell zu klärende Dauerbaustellen. Und im Verweilen inmitten eines scheinbar ewigen Prozesses, der ebenso scheinbar niemals zur Kraft einer notwendigen Erneuerung findet, klopft schon  ab und an die Frage an: Können systemisch notwendige Weichenstellungen überhaupt herbeigeführt werden, solange hauptsächlich systemerhaltende Kräfte an der Macht sind?

Doch braucht es tatsächlich ein „blaues Wunder“, das einer Kriegserklärung an die Vernunft und Menschlichkeit gleichkommt, um frisches Wasser auf die stockenden Mühlen der sukzessiven Veränderung zu gießen?

Noch pointierter gefragt: Brauchen wir unbedingt die Emotionen von Hass und Angst, um dem real vorhandenen Frust in der Bevölkerung, dem medial geschürten Eindruck der Hoffnungslosigkeit und vor allem der generell zu beobachtenden Orientierungslosigkeit lautstark Ausdruck zu verleihen?

Wer hat Macht?

Brauchen wir wirklich eine Art gewalt(tät)igen „Reset-Button“?

Eine solche Frage in Zeiten wie diesen zu stellen, klingt für viele leider gar nicht utopisch. Und das macht die Frage an sich durchaus gefährlich, was unseren lieben Frieden betrifft. Aber wäre eine alternative „sanfte Revolution“ ausreichend, um jene Funktionsweisen der auf kurzfristigen Profit ausgerichteten Finanzwelt und des auf kurz- und mittelfristigen Wählergewinn ausgerichteten Politzirkus, effektiv und grundlegend in Richtung Nachhaltigkeit und Menschlichkeit umzuformen? Es darf gezweifelt werden…

Im Zweifel jedoch liegt eine oft unbeachtete Kraft: Die Kraft zu hinterfragen, in welchen Händen die Macht liegt und liegen sollte. Liegt sie dort, wo sie bisher war, können viele davon ausgehen, dass ihre Interessen durch jene, die die Strukturen so wie sie sind mit aufgebaut und erhalten haben, gewahrt bleiben – und sich daher nicht allzu viel verändert. Logisch. Man kann nicht beides haben – alt und neu. Der Vorteil des „alten Systems“ liegt auch noch auf einer anderen Hand: Man darf darauf hoffen, dass sich die „alten Hasen“ auskennen, wie unser Staat denn so funktioniert und was daher „geht“ und was nicht. Viele bezweifeln aber zugleich und berechtigter Maßen, dass die seit Jahrzehnten schon als notwendig erachteten Reformen unter solcher Führung tatsächlich angegangen, geschweige denn umgesetzt werden. Der liebe Friede schürt also den brodelnden Kriegswillen.

Was anders wird, wenn nichts anders wird

Wenn es bloß so bleibt wie jetzt“ lautet die ängstliche Einstellung derer, denen es recht gut geht. „Frieden um jeden Preis!“ heißt für viele zwischen Optimismus und Pessimismus Unentschlossene das prinzipielle Motto, an dem sie sich orientieren. Für wiederum andere zeigt aber das Zünglein an der Waage zwischen Vertrauen und Aggression eindeutig nach rechts. Wenn nichts anders wird, werden diese Menschen mehr. „Jetzt ist Schluss!“ fordern sie, die nach Veränderung hin zu mehr Sicherheit und Klarheit streben. Aber welche Veränderung vermag diese Resultate zu erzielen? Zurück zur „guten alten Zeit“? Eine Illusion. Zeit läuft nicht rückwärts. Diese Menschen wollen eigentlich ein Gefühl von Sicherheit, und das um jeden Preis. Aber womit sie sich zufriedengeben ist leider bereits das Versprechen von Sicherheit. Denn es funktioniert auf der Gefühlsebene. Der Kopf allerdings kann nur schütteln: Ein solches Versprechen in veränderungsintensiven, wenig planbaren Zeiten! Reine Bauernfängerei. Oder? Starre Ideologien geben die entsprechenden Heilsversprechen ab – und sie können durchaus Systeme verändern. Hin zu weniger individueller Freiheit, weniger demokratischer Mitbestimmung, weniger Mitmenschlichkeit. Freiheit, Gleichheit und Mitmenschlichkeit sind keine relevanten Größen totalitärer Weltanschauungen. Sicherheit durch Kontrolle, Planbarkeit durch Ausgrenzung und Orientierung basierend auf Abwehr hingegen schon.

Daumen hoch für Daumenschrauben

Und obwohl viele wissen, dass die neuen alten Kräfte des blauäugigen Nationalismus oder des grünäugigen Weltverbessertums  neben frust-entlastenden Emotionen und vielversprechenden Grundsatzforderungen nur selten alltagstaugliche, praktikable Lösungen liefern, nutzen sie ihre Macht, den alten Nicht-Veränderern durch ihre Stimme zu drohen. Das ist ihr gutes Recht. Und es zwingt sogar alteingesessene Regierende in die Knie. Niemand kann sagen, wo uns das hin führt. Krieg oder Frieden?

Revolution und Evolution

Wo ist also eine Lösung in Sicht? Erst da, wo wir eine Lösung auch tatsächlich suchen. Jede Problemstellung braucht zunächst eine Zielvorstellung, um von beiden Punkten ausgehend einen Weg zur Lösung zu finden. Die Frage, die sich uns Wählern diese Tage stellt lautet weniger: „Blau oder Grün?“ In dieser Frage finden sich weder praktikable Zielvorstellungen, geschweige denn alltagstaugliche Lösungen.

Kehren wir also zunächst zum Ausgangspunkt zurück, indem wir fragen: „Was ist das Problem?“ Und auf einmal liegt die Antwort klar auf der Hand: Unsicherheit, Hoffnungslosigkeit und Orientierungslosigkeit. Erlebt etwa am Arbeitsmarkt, geschürt vor allem durch das Feuer der Medien.

Daran anschließend stellt sich die entscheidende Frage: „Wie können wir in unserer Gesellschaft Stabilität, Aussichtsreichtum und klare Ausrichtung entwickeln?“ Ohne dazu das Blaue vom Himmel zu versprechen.

Wenn das Problem der vermeintliche Stillstand in allen eingangs erwähnten  Feldern ist – liegt dann das Ziel nicht erst recht in einer spürbaren Weiterentwicklung? Nicht im Rückschritt, nicht im Festhalten, sondern im lösungsorientierten Weiterdenken und Weitergehen? Aber wo sind sie, die Vordenker, die Systemwandler, die „gesellschaftsgenetischen Mutanten“ – die zugleich wissen, „wie der Hase läuft“? Wo sind die tatkräftigen Visionäre mit Systemerfahrung, die energiegeladenen „Start-ups“, geleitet von den „Business-Angels“ unserer Gesellschaft?  Sie existieren, aber oft sind sie Einzelkämpfer oder medial wenig beachtete Organisationen, jedenfalls nur selten öffentlich sichtbar in politischen Parteien oder Interessensverbänden organisiert.

Zukunftssicherung durch Vergesellschaftung

Wir miteinander!“ sollte nicht nur das Motto all jener lauten, die unsere Gesellschaft zum nachhaltig Besseren im Sinne der Menschlichkeit verändern möchten. Sie mögen sich zusammenschließen, medialen Einfluss gewinnen und politische Strukturen formen – vielleicht eine Art Zukunftsministerium gründen, in dem Arbeitskreise aus praxiserprobten nachhaltig-visionären Experten vereint und verschränkt arbeiten. Ein think- und do-tank. Hier können die notwendigen systemischen Veränderungen strategisch geplant werden. Notwendige Veränderungen sind jene, die zu mehr Menschlichkeit, mehr Gleichberechtigung und mehr Miteinander führen. Ein besseres Leben für alle ermöglichen. Sozial-ökologisch-ökonomischer Fortschritt. Und von dieser Positionierung aus sollte auch die Umsetzung konsequent inhaltlich und kommunikativ begleitet werden. Von unseren Politikern und Medien. Und das alles geschieht unter Einbezug der zur Mitgestaltung willigen Bevölkerung. So würden wir die manchmal kriegerisch anmutende Lust auf Veränderung in die friedliche Kraft der Erneuerung zum Besten aller kanalisieren. Simpel? Solutions!