Silver Sounds of Silence: 1

Die Kraft der Stille“…

…klingt a. wie ein plattes ausgelutschtes Wortbild und b. wie ein schrecklich langweiliges Thema. Mitnichten.

Weder ist die Kraft der Stille für die meisten Menschen „einfach so“ als Energiequelle anzuzapfen. Noch ist die Stille öd und fad, weil sich darin nichts tut. Ganz in beiden Gegenteilen finden sich wahre Unge- und immense Reichtümer sowie ungeahnte Ressourcen.

Wo die Monster lauern

Fallen die äußeren Störungen erstmal weg, so fallen wir hinein ins magische Wunderland der inneren Kämpfe, der erlebten Niederlagen, der erfahrenen Verletzungen, der inneren Dämonen. Wie in einen dunklen Brunnenschacht werden wir im Grenzland zur Stille tiefer und tiefer in unsere eigene Geschichte, in unsere vielfältigen Verstrickungen und unaufgelösten Themen hineingezogen – in all das, was wir wohlweislich bei wachem Verstand schön wegsperren. Am Eingang zur Stille lauern lauter Tretminen, unsichtbar, doch mit der schmerzhaften Macht uns zu erschüttern bis zu verschütten. Da zeigt sich all das Unangenehme, Gewesene, Verweste, das, was in der Tiefe darauf lauert uns anzufallen, sobald sich die Schleier der Gewohnheiten und die Lautheit des Alltags verzogen haben.

Spannend eigentlich, was sich da so alles offenbart – sofern die Angst nicht überhand nimmt. Wie die Tiere eines Zoos betrachtet man am besten, was tief drinnen schlummert und wummert, wenn die Stille jung ist. Was sich sonst meist nur in Träumen, Kunstwerken oder unbewussten Handlungen mitteilt. Sehen wir die bunte Vielfalt unserer Monster genauer an, so verkörpern sie Schmerzen aller Art. Das Leid hat viele Gesichter, und unser eigenes Leiden hat seine speziellen Formen. Betrachten wir unsere Monster in aller Ruhe, blicken wir ihnen mit offenen Augen ins Herz, so verlieren sie ihren Schrecken. Und die Dämonen, die uns zuvor zu immer neuen Handlungen angetrieben haben, die uns im Alltag jenen unsäglichen Druck gemacht haben, andauernd alles möglich Sinnlose und Stressige zu tun, nur um unseren Monstern nicht zu begegnen, – sie ziehen vor Langeweile von dannen. Um die sie nährende Aufregung woanders, in noch tieferen, dunkleren Schichten zu suchen, oder um im Lichtkegel ihres Erkanntwordenseins schlicht zu verdampfen.

Wo die Juwelen warten

Warum ist es dennoch so schwierig, in der freigesetzten Stille zu verweilen – selbst, nachdem man den eigenen Monstern die Hand gereicht hat und die Dämonen verschwunden sind? Weil die Stimme im Kopf, die Gefühle im Herzen und die Spannungen im Körper immer noch jede Menge Lärm machen. Selbst wenn ihnen klare Aussagen zu fehlen scheinen. Es ist immer etwas los da drinnen.

Nachdem die Monster also friedlich in unserem Seelengarten zu grasen begonnen haben, fegen Stürme an ungeordneten Sinneseindrücken über unsere innere Landschaft hinweg. Wandern wir langsam unter den Wolken durch, hinein in die Mitte des Sturmes, in sein Auge,  so finden wir mittendrin einen See. Den See der inneren Ruhe, mit spiegelglatter Oberfläche. Die Sturmböen vermögen ihn nur ab und an leicht zu kräuseln, die Berge an bereits bewältigten Brunnenschächten herum verhindern, dass sie ungehindert wüten können. Wir können jedoch gezielt Steine in unseren See hineinwerfen -etwa Fragen, die uns beschäftigen- und den konzentrischen Kreisen, die sich um die Frage bilden, beim Ausbreiten zusehen. Manchmal bekommen wir unmittelbar Antworten wie ein klares Echo aus den Bergen. Manchmal blicken wir in aller Stille auf und in den Wasserspiegel. Betrachten uns selbst ungestört und unverzerrt. Werden eins mit dem Menschen, der wir sind, wenn alles Andere wegfällt.

All dies funktioniert nur dann, wenn das Alleinsein überhaupt zum Selbstsein führen kann, also sofern diese Entwicklung nicht von Vorneherein verhindert wird. Etwa dadurch, dass das Mit-Sich-Sein als eine unfreiwillige Pflicht, als eine Einschränkung oder gar als quälende Einsamkeit interpretiert wird. Oder wenn das Fehlen äußerer Reize und jeglicher Pläne als elende Langeweile bzw. „missing out“ empfunden werden. Sind wir jedoch offen für das Unbekannte hinter unseren Erwartungen öffnet sich der Zugang zu unserem See der inneren Wahrheit. Hier, an seinem Ufer lernen Bedürfnisse und Sehnsüchte mit dem Vorhandenen zufrieden zu werden. Vielleicht stellt sich ein Gefühl von Dankbarkeit, von Freude, am Leben zu sein, ein. Vielleicht auch ein Eindruck von Unbegrenztheit. Jedenfalls ein Zustand der Tiefenentspannung.

Zufriedenheit bedeutet nichts anderes, als dass man mit sich selbst im Frieden ist, mit sich in Frieden lebt. Kommt man aus der friedlichen Innenwelt nach „da draußen“ zurück, so umhüllt uns die innere Stille wie eine Art Rundum-Schild. Sein Kraftfeld der Ruhe dimmt die Lautheit der Welt, ent-stresst die Geschäftigkeit des Alltags, zumindest eine Zeit lang. Bis alte Automatismen oder noch im Dunkeln verweilende Elemente unserer Geschichte wieder das Ruder übernehmen wollen…

Wo die Kraft zu Hause ist

Das Umspannwerk der Stille arbeitet mit unaufgeregter Intensität. Seine Energiequelle liegt im Raum des Nichtstuns verborgen. Heute ist es vielleicht gar nicht mehr nötig, jahrelang in einer Höhle zu meditieren, um dieser Kraft zu begegnen. Corona machts möglich: Wir bekommen immer wieder die Chance, uns selbst im Stillen zu begegnen, mit unseren Themen ins Reine zu kommen, mit uns Frieden zu schließen. Die Welt erscheint täglich verrückter und wir wissen nicht, wohin sich alles entwickeln wird. Aber gewollte oder unvermutete Phasen der Zurückgezogenheit geben uns die Chance, zumindest dem Krach unserer Gewohnheiten zu entkommen. Damit sind wir auch besser gewappnet für alles Ungewohnte. Ungestörtes Alleinsein öffnet uns auf vielen Ebenen die Tür zu einem besseren Leben und schenkt uns ein neues Verhältnis zu unserer Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Nutzen wir diese Chance!

Dieser Blog klopft 2022 an verschiedene Tore der Stille an. Tore, durch die wir in neue Sphären spähen und gehen können. Willkommen zu einem Abenteuer der anderen Dimension…

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Significant Soul Sample No 8: Good News!

Finally

Good News. Biden and Harris. DemokratInnen, zwar ein „alter, weisser Mann“ im Führungssessel, aber eine Frau mit Migrationshintergrund als Co-Pilotin. Vielleicht eine Wegbereiterin für Michelle Obama? Grossartige Zeichen jedenfalls. Die wir bitter nötig haben… Corona zehrt an unseren Nerven: (Wann) erwischt es uns oder unsere Lieben? Halten die Krankenhäuser und das stark beanspruchte Personal den ganzen Winter lang durch? Wie fatal wird der wirtschaftliche Zusammenbruch? Wird sich unsere Gesellschaft und die Welt unüberbrückbar spalten? Und was ist das eigentlich mit dem Terror? Sind wir dem immer wieder aufkeimenden Wahnsinn einiger Weniger schutzlos ausgeliefert?

Future

Die Zukunft. Nur wenige Szenarien weisen eine positive, hoffnungsfrohe Zukunft auf. Umso wichtiger, dass Biden/Harris das Ruder übernehmen. Dass es Politikerinnen wie Jacinda Ardern in Neuseeland und Angela Merkel in Europa gibt, die Stabilität, Ruhe und Mitgefühl ausstrahlen. Doch was genau wie Zukunft bringt ist mehr als dubios. Klima, Wirtschaft, Migration, Miteinander. Alles ungelöste Themen und Prozesse, deren Entwicklungsrichtungen derzeit unabsehbar sind.

Fiction

Wenn die Wirklichkeit zu wünschen übrig lässt, wird es Zeit für Wunder. Wer wagt es, ein realistisches und zugleich progressives, auf Verbesserungen und langfristiges Wohlergehen aller ausgerichtetes Zukunftsszenario zu entwerfen? Wir lassen uns gerne überraschen. Interessant ist dabei, dass diese Rolle nicht einmal die Welt des Entertainments derzeit übernimmt. Die meisten Serien sind eher düstere Versionen von gegenwärtigen, alternativen und zukünftigen Welten. Der Kampf der Dunkelheit gegen das Helle, der Gewaltherrschaft gegen das auf verlorenem Posten befindliche demokratische, gleichberechtigte Vernunftsystem findet zumeist am Rande der Aussichtslosigkeit statt. Vielleicht sind die Serien, die uns früher mit unmittelbarem Wohlgefühl – weil das Gute stets siegt – versorgt haben, aus Gründen psychologischer Einfühlung in die Bedürfnislage der Gegenwart ins Düstere abgerutscht. Vielleicht brauchen wir konsumorientierten Mehrheitsmenschen gerade jetzt eine scheinbar harmlose, weil virtuelle und unterhaltsame Abreibung, die uns dazu zwingt, uns der möglichen Düsternis eines nicht völlig unwahrscheinlichen Morgen zumindest unbewusst zu stellen.

Fear

Gegen das „sich der Düsternis Stellen“ spricht die Angst. Angst vor dem Ungewissen. Und wenn wir ehrlich sind, haben wir derzeit genug von der Angst und Panikmache. Wir sind Corona-müde, Klimapanik-müde, Kampf-gegen-Rechts-müde, Terror-müde, Nachrichten-müde. Vielleicht ist es Zeit für einen Rückzug aus der Welt. Vielleicht ist ein Lockdown gar keine so schlechte Idee. Sofern das Überleben aller gesichert werden kann, könnte diese Zeit uns den geschützten Raum zum Nachdenken und Nachfühlen geben, den unsere Welt und auch wir selbst gerade dringend brauchen: Zeit für die Introspektion, für die Reflexion, für das Kräftesammeln, für das auf-sich-hören, für das Da sein. Natürlich auch für andere, aber zuallererst für sich selbst. Erst wer gut mit und bei sich ist, kann gut mit den Unsicherheiten der Welt und den Nöten anderer umgehen. Diese innere Quelle der Kraft zu hegen und zu pflegen ist heute wichtiger denn je. Dazu müssen wir nichts tun, nichts leisten, nichts erledigen, nicht kämpfen und nicht sehnen. Ganz im Gegenteil. Einfach „nur“ Sein lautet die Devise. Ruhig, besonnen, weich, sensitiv. In dieser Stille liegt die Kraft. Nutzen wir sie.