Silver Sounds of Silence: 8

Timeless

Stille, als Phänomen der Zeit erlebt, ist ein wundersam flexibles Nicht-Ding und wahrlich überall zu Hause, solange man nur hinhören möchte. Sie findet sich etwa in den bedeutungsschwangeren Pausen von Musik, die vor allem in der Klassik äußerst bewusst gesetzt, ja geradezu dezent unverhohlen zelebriert werden. Jene aufregenden klanglichen Leerräume, die die Fülle des Geschehens – seien es der Nachhall eines fulminanten orchestralen Crescendo oder der nahende einsame leise, sehnsüchtig-schöne Ton einer Violine – so besonders werden lassen. Im Pop andererseits gibt es nahezu keine Pausen, die nicht in die rhythmische Struktur einzahlen würden. Sie existieren damit weniger eigenständig, sondern sind ein Teil des Klangbildes. Diese Art der Musik lädt nur selten mit gänzlich stillen Phasen zum Verweilen im Sein, zum Nachspüren oder zum subtilen Vorahnen ein. Auch der berühmte Drop in der elektronischen Musik hat im Moment der Stille (bzw. des reduzierten Klanges auf eine rhythmusarme Soundkulisse) einen zwar unhörbaren, jedoch spürbaren Beat, den man unweigerlich mitgroovt, in Vorfreude auf den (das?) kommende(n) Wumms. Im 08/15-Radio drängt sich eine Soundkulisse an die andere, DJs mischen eine Soundwand in die nächste. Bloss keine Stille aufkommen lassen, scheint die Devise, die Aufmerksamkeit könnte sich ja anderen Dingen zuwenden. Doch nicht hier in diesem Blog, nicht mit uns! Wir widmen uns den gar nicht langweiligen Seiten der Stille, heute noch einmal unter dem Aspekt der Zeit bzw. der Zeitlosigkeit. Es gibt da nämlich die kleinen Brüche in der Selbstverständlichkeit der Vergänglichkeit, durch die wir beständig fließen – und dann wären da noch die Wirklich Großen, spektakulär lebensverändernden, die uns aus dem Fluss der Dinge gnadenlos herauskatapultieren…

Wenn die Zeit stillsteht

Intensität lässt uns im ewigen Fluss der Dinge endlich innehalten. Der erste Schluck vom kühlen Bier am frühen Abend im Sommer, der erste Bissen im Hundert Hauben Restaurant, das nur alle Hundert Jahre einen Platz frei hat, den man sich auch nur alle Hundert Jahre leisten kann. Der erste Orgasmus nach längerer Pause. Überhaupt Premieren oder wertvolle Seltenheiten aller Art. Sie zu erleben verlangsamt die Zeit, bis das Verweilen mit ihnen, durch sie, dermaßen köstlich wird, dass der eigene Film des Lebens kurz stoppt. Oft nur allzu kurz. Seufz. Das Hirn setzt wieder ein, mit seinen Kommentaren, Vergleichen, Bewertungen, genialen Ideen – oder alltäglichen Plappereien. Geht das Gelaber im Kopf los, ist der Eine Moment der Zeitlosigkeit wieder vorbei. Diese Genussinseln, die uns fast außerhalb der Zeit bringen, ähneln einem Gummiband, das zwar ordentlich gedehnt wird, aber nicht reißt. Was ja auch sein Gutes hat, denn einen Filmriss erfährt wohl kaum jemand gern.

Wenn die Zeit aufhört zu existieren

Der Große Bruch im steten Kommen und Gehen von Augenblicken, umspült uns wesentlich weniger sanft und freudvoll. Es sind die Schockmomente, die das Raumzeitgefüge tatsächlich reißen lassen. Der plötzliche Tod eines nahen Menschen. Der eigene Unfall, der in Zeitlupe abläuft, bis die Zeit zu einem Ende kommt und man weg vom Fenster der bewussten Wahrnehmung ist. Plötzliche Störungen im erwarteten Lauf der Dinge, die ans Eingemachte gehen, existenzielle Fragen aufwerfen oder gar die Existenz selbst fraglich werden lassen. Intensive Gewalt jeder Art. Vielleicht ist es das, was SM-Anhänger so angenehm am Schmerz finden, dass die Zeit stillsteht? Gedanke beiseite, zurück zum Ernst des Lebens.

Die vier großen Themen, die laut Psychologie von uns Menschen niemals endgültig beantwortet werden können, sind dazu geeignet, die Zeit in ihrem nahtlosen Dahingleiten zu unterbrechen und ein Leben, das auf Schiene war, spontan oder allmählich entgleisen zu lassen. Uns den Abgrund hinabstürzen und unten angekommen, innehalten lassen. Irgendwie auch ankommen lassen. Im vorstellungsfreien, erwartungslosen Sein selbst. Die 4 Fragen betreffen das Leben selbst, die Freiheit, die Einsamkeit und den Tod. Wenn geliebte Menschen sterben, betrifft dies alle vier Große Fragen. Der Wegfall eines wichtigen Menschen im persönlichen Gefüge stellt nicht nur die Fragen nach einem gelungenen Leben (für den Verstorbenen und für einen selbst) oder nach dem Wesen des Todes (gibt es ein Existieren danach?). Wir sind darüber hinaus traurig, weil wir uns einsamer fühlen (bis wir die im Außen fehlende Person in unserem inneren System durch Repräsentation zu anderem, für die Spanne unseres Daseins ewigen Leben erweckt haben). Und durch den Verlust entsteht letztlich auch eine neue Freiheit. Es wird ein Platz frei, wo vorher eine Person Raum, Zeit, Energie, Vorstellungskraft etc. eingenommen hat. Wenn ein lieber Mensch aufhört da zu sein – und sofern wir uns nicht diversen Vorstellungen vom Jenseits hingeben, um uns zu trösten – werden wir mit der endgültigen Stille, quasi der GROßEN STILLE, konfrontiert. Das schwarze Nichts, das der eigentliche Grund ist, warum viele Menschen wohl die geräuschlose Ruhe, den ereignislosen Frieden und besonders die innere Stille fürchten. Die GROßE STILLE verlangt uns einen hohen Zoll ab, nichts weniger als Selbstaufgabe. Wir können sie nur akzeptieren, indem wir unsere Endlichkeit hinnehmen, annehmen. Doch Hand aufs Herz: wer kann das schon? Ich meine nicht intellektuell – zu verstehen, dass wir alle sterben müssen und werden, ist naheliegend. Sondern emotional – zu fühlen, wie es ist zu sterben und gestorben zu sein, das kann uns Lebenden nicht recht gelingen (auch Nahtoderfahrungen sind wahrscheinlich nicht „the real thing“). Da der Zustand des Tod-Seins nicht vorfühlbar, also gefühlsmäßig vorstellbar ist, entzieht er sich jeder Antizipation. Wie soll man aber dann den Tod akzeptieren können, außer ihn einfach hinzunehmen, indem man sich selbst (das Bild, das man von sich im Leben hat) und jede Vorstellung, also das Denken selbst, im Angesicht der unausweichlichen Unnahbarkeit des Todes aufgibt? Wer kann man schon groß sein, wenn es darum geht, dem Tod ins Auge zu sehen? Ein Lebender, der dem Ende entgegenblickt. Nicht mehr, nicht weniger. Kein Wunder, dass in diesen Momenten der endgültigen Wahrheit die Zeit stillsteht. Und wenn das Denken und die Gefühle zur Ruhe kommen, weil nichts mehr geht, kommen wir im Augenblick an, willenlos, wolkenlos, wahllos. Ruhe, in Frieden.

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Sunny Side Step 9 – Living in the Meantime

Magnetismus der Zielverfehlung

Können Sie sich erinnern, als „Warten“ noch unangenehm war? Als man im Arztzimmer oder an der Supermarktkasse nicht wusste, wohin mit sich vor lauter innerer Unruhe, weil nichts weitergeht? Als man noch keine Möglichkeit hatte, die dringenden Emails, Nachrichten und Anrufe vor Ort und auf der Stelle per Smartphone abzuarbeiten? Als das Warten auf Züge und Flüge, Ärzte und Handwerker nervenzerreißend wirkte und zeitraubend schien, weil es uns im Erledigen unserer dringenden oder wichtigen Aufgaben aufzuhalten drohte?

Alles anders ist ganz normal

Was sich heute Alltag nennt, ist stattdessen zur Routine des nervtötend Unbekannten geworden. Nichts kommt mehr so wie erwartet, aber wir haben uns daran gewöhnt. Wir können damit umgehen, denn wir haben einen Trick gelernt: Wir lenken uns einfach und erfolglos ab. Auf jede Erwartungsenttäuschung folgt eine Belohnung, die nicht wirklich hilft. Um das Nichterfüllende daran nicht zu bemerken, vergraben wir uns noch tiefer im vermeintlichen Spaßfaktor der Ablenkung. Die Spannung des Lebens vegetiert heute in den Abgründen des Immergleichen Ewiganderen von den meisten unbemerkt vor sich hin. Dysfunktion und Desinformation waren vielleicht gestern en vogue. Ent-Fokussierung ist die Wahldroge der Zeit.

Kein Ziel rechtfertigt dieses Resultat

Zugegeben: Weder in der Planung noch im Abarbeiten von Aufgaben (von Aufstehen, Zähneputzen, Putzen im Allgemeinen über die Schulpflicht bis hin zur Arbeitspflichten) liegt heutzutage noch Zufriedenheit. Das Spannende verströmt gerade jener Hauch von Seltsamkeit, der Routinetätigkeiten diese Tage durchdringt: Jegliches Abarbeiten geht mit dieser „je-ne-sais-quoi“-Unruhe des „Falschseins“, des „am Leben -Vorbeilebens“ einher. Nichts, was „einfach nur erledigt“ gehört, hat mehr einen Wert. Das Hakerl, das hinter der inneren oder äußeren To-Do-Liste gesetzt wird, bringt keine Erfüllung (mehr) mit sich.

Ich erinnere mich, dass dies einst anders war. Ein guter Tag, war ein leerer Tag, also ein Tag, der sich durch eigene Aktivität geleert hatte. So ein Tag erfüllte mich einst mit innerer Zufriedenheit. Ein Tag, an dem man alles erledigt hatte, was man sich vorgenommen hatte, war genug. Gab Anlass zur inneren Ruhe. Diese Tage gibt es nicht mehr, schon lange nicht mehr. Es ist nicht mehr genug, es ist nie genug.

Warum wir niemals ankommen

Wer zu sich kommt, wer zu sich findet, erkennt, dass routinemäßige Arbeiten im Allgemeinen und Pflichten-Erledigen im Besonderen oft wenig mit der eigenen Sinnfrage zu tun haben. „Warum?“ ist daher die alles entscheidende Frage. Problematisch ist jedoch die Vielzahl an möglichen Antworten und die Beliebigkeit derselben. „42“ würde Douglas Adams als Antwort geben. Wer zu wissen glaubt „warum“ belügt sich entweder selbst oder ist sich der Fragilität der eigenen Arbeitshypothese bewusst. Denn es ist ja nie genug. Natürlich höhlt steter Tropfen nahezu jeden Stein. Aber der Stein ist unendlich groß.

Wer hingegen nicht weiß, „warum“ ist schlicht unzufrieden in seinem Alltag und beginnt im Anderswo zu leben. In der ewigen Ablenkung. Unsere Zeit fördert diese Entwicklung, sie schafft Mechanismen und Strukturen, die unsere Aufmerksamkeit aufsaugen wie der effizienteste Staubsauger aller Zeiten. Dieses Problem stellt allerdings weder die Digitalisierung, die Globalisierung noch die Konsumgesellschaft bereit. Die Quelle des Problems liegt viel, viel näher. Wir sind das Problem. Wir sind süchtig nach dem entweder-oder, nach Pflicht oder Ablenkung.

Wo also steckt sie, die Lösung?

Leben im Zwischenraum und in der Zwischenzeit

Dort, wo keine Bedürfnisse herrschen, keine Zwänge regieren, keine Anforderungen drängen, da spielt die Musik des Lebens. Dieser unendliche Freiraum, der in der Zwischenzeit existiert, wäre eigentlich stets vorhanden und zugänglich. Wir verstellen uns nur permanent die Tür dorthin. Nein, noch wahrer: Wir sind die Tür dorthin, geben aber anderen und den Umständen die Schlüssel in die Hand. Wir reden uns erfolgreich aus, die Tür zum Himmel auf Erden zu sein.

Und nein, es geht dabei nicht um „Freizeit“, welch perverses Konzept. Das Leben will als Ganzes gelebt und nicht gespalten in unzureichende Teile werden. Der Freiraum und die Zwischenzeit harren hinter allen Aufgaben und Ablenkungen unserer Aufmerksamkeit, bereit zu spielen.

Die Macht der Umwege

Wir können also nicht anders, als an der Härte der Realität so lange zu scheitern, bis wir zur Einsicht ihrer inneren Bedingtheit gelangen. Diese Erkenntnis markiert das Ende des Irrweges. Wir irren solange, bis wir nichts mehr erledigen wollen und uns nicht mehr ablenken müssen.

Auf dem Weg dorthin, tief im abhängigen Herumirren, hilft uns jeder dem Geist des Erledigens oder der Lust auf Ablenkungen zutiefst verhasste Umweg. Denn die eigenartige Anziehungskraft des Abwegigen sorgt dafür, dass wir über unsere Planungen und Vorannahmen, Hoffnungen und Befürchtungen stolpern. Wir fallen aus unseren Routinen der Ablenkung vom Unvorhergesehenen und landen.

Im unendlichen Zwischenraum der Freude, im ewigen Frieden der Übergangszeit

Special Screen Script 17: HAPPY SINGLES

Raus aus der Einsamkeit – Rein in die Freiheit!

Stellen Sie sich vor, Sie leben alleine, gehen jeden Tag alleine ins Bett, stehen alleine auf. Kaufen im Supermarkt für eine Person, kochen nur für sich selbst, essen – alleine.

So schön diese Freiheit für manche ist, wenn Sie sich aussuchen können, was Sie wann essen, wann Sie wo und mit wem schlafen, welches Chaos oder welche Ordnung bei Ihnen zu Hause herrscht: Wer alleine lebt, fühlt sich manchmal auch ganz schön einsam. Aber muss das sein? Gibt es nicht Möglichkeiten, wie wir uns auch als „Singles“, also als allein Lebende, weniger einsam fühlen und stattdessen unsere Freiheit so richtig genießen können? Jede/r fragt sich wahrscheinlich im Laufe seines (Beziehungs-)Lebens irgendwann einmal: Ist das Leben ohne Partner nicht genauso lebenswert? Und dann kommt gleich die nächste Frage: Wie macht man das Beste aus dem Alleine-Leben?

Im Kern brauchen wir fürs Single-Glück nur die beiden Aspekte des Alleine-Seins, nämlich die prinzipielle Freiheit und das (eben oft fehlende) Gefühl tiefer Verbundenheit offenen Auges anzunehmen und damit zielführend umzugehen. Sie gehören unmittelbar zusammen, sind wie die beiden Seiten einer Medaille. Deswegen sind auch nur 2 Schritte nötig, um aus der Einsamkeit und hinein in die Freuden der Freiheit zu finden:

  1. Freiheit annehmen: Die Qualität der Selbstbestimmtheit zu genießen
  2. Verbundenheit entwickeln: Ein Gefühl tiefer Verbundenheit dort aufbauen, wo es geht: nämlich zu uns selbst – zu unseren Lieben, zu Freunden und Familie – und zu unserer Umwelt, sei es die Natur oder das Große Ganze…

Was es bedeutet, unsere Freiheit tatsächlich zu genießen

Vor allem, dass wir lernen, unsere Entscheidungen bewusst zu treffen. Dass wir Entscheidungen treffen, die uns stärken, die uns gut tun, durch die wir eine Freude am Leben haben, und den Sinn des Lebens spüren. Wir leben alle voraussichtlich nur einmal: Achten wir also gut auf unseren Körper, auf unser Gefühlsleben, unsere Gedankenwelt und unser Verhalten. Stellen wir uns nicht gegen uns, sondern handeln wir mit und für uns!

Die gute Verbundenheit zu uns selbst

Wieso fällt es uns oft schwer, uns ohne Partner gut mit uns selbst verbunden zu fühlen? Um eine Antwort darauf zu finden, können wir uns dazu die folgenden Fragen stellen:

  • Mag ich mich, so wie ich bin?
  • Reiche ich mir selbst aus?
  • Und wenn dem nicht so ist: Kann und soll eine Partnerschaft eine solche Lücke überhaupt füllen?
  • Ist die gute Verbundenheit zu mir selbst nicht der wesentlichste Schritt, um überhaupt Beziehungsfähigkeit zu entwickeln?

Nutzen wir diese Zeit, die Zeit unseres Lebens hier und jetzt, für uns und mit uns und stellen wir uns der vielleicht wichtigsten Frage unseres Lebens:

Wie will ich mit mir leben, bis dass der Tod uns scheidet?

Blog-Nachtrag des ORF-Beitrags vom 28.05.2018

Surprising Salon Session No 17: Frei Sein

Freiheit versus Sicherheit

Ich liebe dieses Bild. Es erinnert mich daran, dass die Freiheit einer Entscheidung bedarf: Mutig ins Unbekannte zu springen. Wer frei sein will, verlässt das sichere Nest, lässt sich ein – aufs durchs Leben Fliegen, Gleiten, Schweben, die Welle-Reiten.

Was hält uns eigentlich zurück? Was bindet uns an die Vergangenheit, kettet uns an die Erfüllung aller möglicher Erwartungen, von den monatlichen Rechnungen über die Steuer bis hin zu Familie und FreundInnen, ArbeitskollegInnen, PartnerInnen & Co? Warum fällt uns das frei Sein so schwer? Weil wir es nicht gewohnt sind? Weil wir es noch gar nicht kennengelernt haben? Weil uns niemand vorlebt, wie das geht?

Klar, es gibt die Außenseiter und Aussteiger, jene Menschen, die manchmal mehr und allzu oft eher minder frei-willig nicht „mitspielen“ im Spiel des Lebens. Aber sind sie wirklich frei, zu tun, was sie tun wollen? Oder entziehen sie sich nur den gesellschaftlichen Verpflichtungen, dem „System“? Und gewinnen sie durch dieses „außerhalb“-Stehen mehr Wahlmöglichkeiten oder eher weniger?

Ich behaupte, dass es nur ganz wenige wirklich freie Menschen auf unserem Planeten gibt. Sie haben erkannt, was sie einst zurückgehalten hat: Ihr Streben nach Sicherheit. Nach Kontrolle. Nach einem umsorgten Dasein, nach einem geregelten Ablauf, einem planbaren Leben, einer ausreichenden Pension. Wer emotional, mental oder körperlich auf der sicheren Seite sein will, ist automatisch unfrei. Denn er muss sich den Regeln anpassen, ständig aufpassen und seinen eigenen Plänen unterwerfen. Er leidet, wenn es anders kommt. Er fühlt sich unsicher, wenn er die Welt seiner Vorstellungen verlässt und sich auf die unendlichen Möglichkeiten des „was sonst noch existiert“ einlassen soll.

Freiheit und Verantwortung

Aber ist das nicht gut so? Macht uns nicht unser Streben nach Sicherheit zu verantwortungsvollen Wesen, zu Menschen, die einhalten, was sie versprechen, deren Wort gilt und Meinung zählt? Oder andersrum gefragt: Macht uns das Tragen von Verantwortung nicht automatisch unfrei? Wer Kinder oder Hypotheken, ein Business oder auch nur einen ehrenamtlichen Nebenjob hat weiß, dass damit eine Tretmühle der Fremdbestimmung einhergeht. Und dass wir die meisten unserer Verpflichtungen selbst gewählt haben, macht uns noch lange nicht freier. Ewiges Ab-Arbeiten im Job, ständiges Da-Sein-Müssen im Business, regelmäßiges Überweisen-Müssen, um zu überleben. Zahlen wir da nicht drauf, nur um zu leben?

Ich bin so frei

Was macht uns eigentlich zu freien Menschen? Ich meine, dass wir eine Wahl haben. Wenn auch manchmal nicht dabei, was wir tun (müssen), aber immer das Wie betreffend. Wer die Wahl hat, hat vielleicht die Qual, jedenfalls aber das Gefühl der Selbstbestimmung. Und das fühlt sich frei an. Freiheit fühlt sich offen, möglich, leicht und all-verbunden an. Ich bin mal so frei, die Freiheit so zu umreißen. Frei Sein bedeutet auch, der Wirklichkeit außerhalb des eigenen Vorstellungsvermögens mehr Raum zu geben, als dem Versuch, die Welt nach eigenen Vorstellungen zu verbiegen.

Nix is fix

Klar wollen wir vieles ändern. Vieles an der Wirklichkeit ist kaum zu ertragen, da muss man nicht einmal an Krieg und Hungersnöte, an Ungerechtigkeiten und Aussichtslosigkeit denken. Viele von uns wollen die Umstände, in denen wir oder andere leben, zum Besseren verändern. Ein hehres Anliegen, zugleich der Stein des Sisyphus schlechthin. Denn es ist nie genug. Gerade die „Guten“, die „Helfer“ in unserer Gesellschaft sind vom Burnout bedroht, vom Ausbrennen und Verzweifeln an der schieren Unendlichkeit der Aufgabe, die Welt zu einer besseren zu machen. Aber auch jene, die nur versuchen, sich selbst zu helfen, die versuchen die Welt um sich ihren eigenen Bedürfnissen und Vorstellungen anzupassen, sind unfrei.

Der Freie Wille 

Freiheit bedeutet nicht, sich schlicht zu nehmen, was man will. Auch nicht, alles zu geben, was man will. Spürbare Freiheit liegt viel näher, nämlich im Raum des nicht mehr Strebens, nicht mehr Sehnens und Wollens. Wenn wir unsere Vor-Stellungen los lassen, hören wir auf alles und jeden irgendwohin zu schieben oder uns selbst und andere zu (unter)drücken, wie hören auf, an der Wirklichkeit zu zerren und uns zu (ver)biegen, und wir entgehen der Gefahr, zu brechen oder uns auch nur zu beugen. Wir sind. Frei.

Frei Sein

Das heißt aber nicht dass wir in einem solchen Zustand des frei Seins alles hinnehmen müssen oder für gut halten sollen, was so passiert. Aux contraire: Wer nicht mehr festhält an Sollens-Bildern, der kann sich neuer Mittel und Wege bedienen, um zu tun, was tatsächlich nötig ist.

Und was ist wirklich nötig, wenn wir frei sind? Noch mehr freie Menschen.

Nein, freie Menschen leben nicht auf Kosten von anderen und plündern Land und Leute, weil ihnen alles egal ist. Wieder ganz im Gegenteil: Wer frei ist, der tut, was frei macht. Sich selbst und andere. Das Streben nach Selbstbereicherung oder Selbstüberhöhung macht unfrei. Freie Menschen hingegen sind einfach da. Präsent, ohne Auftrag. Offen, ohne schwammig zu sein. Neugierig, ohne der Gier auf Neues zu verfallen.

Jump, baby, jump

Was braucht es, um aus dem Paradies der hehren Versprechungen rauszufinden? Einen Schritt. Einen simplen Schritt. Hinaus aus der Komfortzone. Hinein ins Unbekannte. Hinaus aus dem Vergleichen und Bewerten, hinein ins Erleben und Horizont-Erweitern .

Es ist nie zu früh, sich selbst einfach sein zu lassen und alles andere endlich los zu lassen.

It’s now or never

Wann? Dann? Wie? Nie?

Nein. Jetzt, und so: Ausatmen, Muskeln entspannen, Einatmen, Aufrichten.

Das Sein lassen.

Da Sein.

Surprising Salon Session No 15: Traum(oder)Urlaub

Träumen vom Urlaub

Diese hübsche Strandperle steht in Sichtweite meines Computerblickes. Sie beeinflusst mich quasi von rechts außen in meinem Blickfeld, unterschwellig aber konsequent. Die kleine feine Kiste flüstert unüberhörbar, in jedem Moment, in dem ich so vor mich hin sinniere, tippe, telefoniere. Sie flötet: „Am Strand da ist es einfach wunderbar; da warten tiefer Frieden, unendliche Freiheit und höchste Freude auf Dich“. Sie lockt – und ist zugleich verschlossen, zugeklappt, nicht im Dienst. Ihr Dienst an mir ist die Verheißung, nicht die Erfüllung. Und ihre stete Verlockung verursacht ein sanftes, oft kaum bemerkbares Prickeln in meinem Wunschzentrum. Ein „will weg“, das andauernd in meinem Unterbewusstsein wie ein Meer rauscht – ein Mehr quasi – und sich ab und an in leisen Wellen an die Oberfläche meiner Wahrnehmung spült.

Klar, vom Urlaub träumt jeder. Doch die Verführung, die von meiner kleinen Strand-Schatzkiste ausgeht reicht tiefer. Sie wurzelt in der eigentlichen Sehnsucht, die sich hinter jedem Urlaub versteckt. Denn seien wir an dieser Stelle beinhart ehrlich: Der alljährlich (bis hin zu andauernd) ersehnte, erhoffte, im Zeit- und Geldbudget mühsam ersparte Urlaub ist ein mageres Trostpflaster für uns müde, viel zu oft ausgelaugte Alltagsbewältiger. „Urlaub“ ist so betrachtet fast ein Hohn, weil nur ein homöopathischer Vorgeschmack auf „wie das Leben sein könnte“: ohne Arbeit, ohne (Dauer-)Rechnungen, ohne Verpflichtungen.

Traum-Urlaub

Der Traumurlaub sieht für jeden wahrscheinlich etwas anders aus. Aber manche Komponenten sind fix: es gibt genug Zeit, um die Dinge zu tun, die man wirklich tun will. Und genug Wahl, um die Dinge auszulassen, die einen Null interessieren. Im Traum gibt es keine Unwetter, kein stundenlanges Anstellen, keine mühsamen Gepäcksverluste, keine elenden Flugverspätungen mit verpassten Anschlussflügen. In der Vorstellung existieren keine anderen Reisenden, die einen mit lautstarker Bekundung ihrer Nichtintelligenz und emotionaler Unreflektiertheit auf den (bei mir nicht vorhandenen aber in diesem Fall durchaus praktischen virtuellen) Sack gehen. Im Traum ist alles gut, währt ewig oder zumindest lang genug, um tiefenentspannt, glückselig braungebrannt und 10 Kilo leichter wieder aufzutauchen und sich nichts mehr, nie wieder, aus dem Alltag zu machen. „Alltag“ kommt im Traum nicht vor – außer als alltägliche glückliche Existenz. Die darf sich schon wiederholen, die darf dauerhaft werden. Alltag ist dann einfach anders, wird einfach gut. „Urlaub“ wird in unserer Vorstellung zum idealen Lebenszustand: Schlafen so lange man will, Essen was und wann man will, genügend Sonne abbekommen, überfließende Liebe leben, stressfreie Bewegung an wunderschönen Orten genießen, sich an nicht berufsbedingtem Lesen erfreuen, dem fröhlichen Nichtstun fröhnen, ewiges Tagträumen zulassen, spannende Menschen kennenlernen… die Liste könnte noch lang so weitergehen.

Delikate Frage am Rande: Warum ist eigentlich nicht das ganze Leben so? Weil man dafür Geld braucht? Ich glaube diese Antwort reicht nicht weit genug hinein in die menschliche Psyche und Bedürfnislage. Das Unerfüllte des Alltags macht das Unerfüllte des Traum-Urlaubs ja erst so richtig schmackhaft. Ein Hoch der Sehnsucht nach dem Unerreichbaren. Denn es kann uns ein Leben lang beschäftigen. Nie ist es ganz perfekt oder wirklich genug. Tretmühle ohne Ende – einmal in der Enge des Alltäglichen, einmal in der nicht restlos gelingen wollenden Verwirklichung des Erträumten.

Wie der Alltag traumhaft wird

Was also tun, damit unsere Träume zur gelebten Wirklichkeit werden – und zwar nicht nur kurzfristig (an sich schon toll genug), sondern dauerhaft, lebenslang wenn man so will (und man, zumindest ich, will)? Sollten wir einfach aufhören mit dem Träumen? Aufhören, Urlaube zu planen? Aufhören mit dem Arbeiten? Vielleicht sogar aussteigen?? Kein Konsumzwang mehr, keine sozialen Verantwortungen mehr, keine tägliche Routine mehr..? Das ist prinzipiell durchaus machbar, entweder mit genug Geld (aber die wenigsten Reichen sind tatsächlich glücklich, nur weil sie Geld haben und Nichtstun könnten) oder mit Hilfe eines individuell richtig gemixten Cocktail an machbaren Ansprüchen (Selbstversorger am Land, Surflehrer auf den Malediven etc.). Aber hält das Urlaubsfeeling dann auch tatsächlich dauerhaft an? Ich glaube nicht. „Urlaub“ ist nämlich eine Art der Einstellung, die wir uns sprichwörtlich erarbeiten. Weil wir sie uns dann nach getaner Überforderung unserer selbst gönnen (müssen). Im Angesicht der eher grauen Tretmühligkeit des „normalen Lebens“ wird das andere, das außer-gewöhnliche Leben, erst glitzernd. Aber was wäre, wenn wir das, was zumeist außerhalb des Gewöhnlichen zu liegen scheint, zu einer ständigen Gewohnheit machten?

Die wesentlichen Komponenten, um sich wie im Urlaub zu fühlen sind:

  • ausreichend Zeit für sich selbst
  • das Gefühl der Selbstbestimmung (die Wahl haben, was wir wann machen)
  • genügend Sonne
  • eine schöne Umgebung
  • körperliches Wohlgefühl
  • eine lustvolle Auseinandersetzung mit Dingen, die uns faszinieren, bereichern oder zum Lachen bringen
  • Qualitätszeit mit anderen
  • Abenteuer erleben, neugierig sein, Neues ausprobieren
  • ganz wir selbst sein, ohne Rolle oder Aufgabe (außer das Leben zu genießen)
  • zu unseren Bedürfnissen stehen und offen für deren Erfüllung sein (uns gönnen, was wir brauchen und wollen)
  • im Hier und Jetzt wach und voller Vorfreude auf den nächsten Moment sein

Das alles – vielleicht mit Ausnahme der Sonne – ist eigentlich immer machbar, weil es prinzipiell in unserer Hand liegt, so zu leben. Allerdings nicht, wenn wir in unseren Gewohnheiten verbleiben. Solange unser alltägliches Leben bedeutet, dass wir den kumulierten Arbeitsfrust, die äußere Fremdbestimmung, das oftmals sinnlose Tun, die unangenehmen Kollegen etc. durch Konsum kompensieren, also Geld dafür ausgeben müssen, um uns zu belohnen oder zu regenerieren, wird das mit dem „guten Leben“ auf Dauer nicht funktionieren. Denn dann hängen wir in der Abhängigkeitsschleife von „es ist nie genug“ – weder die Arbeit noch die Freizeit reichen dann aus. Also was tun?

Realistisch bleiben. Den Traum schlicht und ergreifend hartnäckig Stück für Stück wahr werden lassen. Nicht alle Punkte gleichzeitig, vielmehr jeden Tag ein bisschen was davon, und jedes Jahr insgesamt ein bisschen mehr. Schreiten wir Tag für Tag zum Mehrfeeling. Was genau hindert uns daran? Niemand. Und im besten Fall nicht einmal wir selbst.

Surprising Salon Session No 13: Raumzeit – Das Maß aller Dinge

Raum: Der reine Luxus

In meinem großen Zimmer ruht eine uralte Wasserwaage. Sie liegt einfach so vor sich und mich hin. Doch ich weiß nicht wirklich, was sie misst. Da sollte wohl ein Luftbläschen anzeigen, wo die totale Mitte, die absolute Gerade, das eigentliche Soll  zu finden ist. Tut es aber nicht. Zumindest nicht, solange ich nicht die Perspektive wechsle und das Ding selber in die Hand nehme. Aus diesem einen, ersten Blickwinkel eröffnet sich mir folgender Gedankengang: Das Maß aller geradlinigen Dinge – das Bläschen heißer oder kalter Luft – dürfte über die Zeit hinweg irgendwie abhandengekommen sein. Wie im echten Leben. Immer weniger scheint uns mit fortschreitender Zeit klar zu sein, worin das Optimum, die ideale Gerade, der perfekte Zustand zwischen zu viel links oder rechts, zu viel vom einen und zu wenig von anderem liegt. Die Antwort liegt nahe: im Hier. Doch wo ist „Hier“? Und wie viel Platz ist im „Hier“ verfügbar? Wer kaum Raum zur Verfügung hat, dessen Gefühl für die eigene Mitte wird stark gefordert. Sei es das Gedränge in einem asiatischen Markt, die Enge in der economy class auf einem Langstreckenflug, das Behindertwerden im Weiterkommen durch einen Stau beim Autofahren oder auch der fehlende Rückzugsraum in einer geteilten Wohnung. Aber nicht nur fehlender Raum zur Bewegung oder zum Ankommen bringt uns aus der eigenen Mitte. Auch ein Raum, dessen Lebensqualität beschränkt ist verhindert, dass wir aus dem vollen Ganzen unserer Kräfte und Möglichkeiten schöpfen.

Ich schreibe diese Zeilen in einer Business Lounge am Flughafen von Bangkok. Der reinste Luxus. Nach massivem Stau auf den verstopften Straßen, dichten Menschenmengen in ewig langen Schlangen, die einen durch behördliche Irrwege und technisch-logistische Umwege quälen, nach fehlenden Sitzgelegenheiten zum Ausrasten und unendlich langen Gehwegen zum Nirgendwo-Ankommen ist die Business Lounge eine Oase all dessen, was schön und gut zu sein scheint: Leise, entspannt, kühl, leer, mit weichen Sesseln und vollem Büffet, sauberen Toiletten und lächelndem Personal. Daran könnte man sich schon gewöhnen. Doch ist das auch real? Wieviel Raumlosigkeit muss man erlebt haben, um eine solche Raumfülle ohne schlechtes Gewissen genießen zu können? Wo doch so viele andere kaum einen echten Lebensraum haben, sich keinen hochqualitativen Eigenraum leisten können – und nicht mal temporär, quasi auf der Durchreise ihres Lebens, jemals in den Genuss von sorgsam geschütztem individuell verfügbarem Raum kommen. Eigenraum ähnelt insofern den luxuriösesten materiellen Ressourcen – beide scheinen an Geld gebunden zu sein. Natürlich gibt es da noch den öffentlichen Raum, die Parks und Gärten, die Berge und Seen, Wälder und Wiesen. Vorübergehend können wir dort ankommen, uns an der Natur ausrichten und in unsere Mitte finden. Aber irgendwann mal müssen wir wieder zurück. In den mehr oder weniger vorhandenen Eigenraum, in unser eigenes Leben…

Zeitlosigkeit: Die reine Freude

Viel einfacher ist es da schon, dem Luxus der Zeit zu frönen. Zeit hat jeder, gehört jedem. Dafür brauchen wir kein Geld. Im Gegensatz zum Raum hat jeder Zeit, der gar kein Geld hat. Und natürlich jeder, der über ganz viel Geld verfügt. Doch gerade diese Zeitbesitzer – und zwar auf beiden Seiten – wissen nicht immer etwas Sinnvolles mit ihrer Zeit anzufangen. Viele verzweifeln richtiggehend an zu viel freier Zeit, an zu viel Eigenzeit, an einem übervollen Zeitbudget, das gerade nicht fremdbestimmt, vorbestimmt, verplant und eingeteilt ist. Diese Menschen zerbrechen mit der Zeit an sinnentleert erlebter Zeit (nicht nur in der Arbeit), oder aber an beziehungsloser Zeit (im Privatleben wie im Berufsumfeld). Zuviel Zeit in der Einöde des Eigenraums ist vielen Menschen ein Gräuel. Mir nicht. Ganz im Gegenteil. Das liegt aber daran, dass Zeit für mich ein nicht immer verfügbarer Luxus ist – wie für die allermeisten Menschen, die arbeiten, um zu leben. Als selbstständig erwerbstätiger Mensch habe ich einen gewissen Eigenraum und eine gewisse Eigenzeit zur Verfügung. Beide werden regelmäßig durch Verpflichtungen aller Art so eingeschränkt, dass ich die Zeiten ohne Aufgaben und den Raum ohne Menschen auch so richtig genießen kann. Wenn die Zeit fließt und ich mit ihr, dann ist das Leben ideal. Wenn der Raum wirkt und ich in ihm, dann bin ich nicht nur in meiner Mitte, sondern in der Mitte des Seins.

Zeitlosigkeit: Die reinste Qual

Andere hingegen haben schlicht gar keine Zeit. Das pure Überleben frisst sie auf. Für jene, die zugleich kaum eigenen Raum zu ihrer Verfügung haben, sollten soziale Programme greifen. Hier können die Mindestsicherung, Steuererleichterungen, Wohnprogramme, Arbeitnehmerschutz uvm zu mehr Zeit und Raum verhelfen. Für all jene aber, die sehr wohl über Raum aber kaum über Zeit verfügen, stellen sich andere Fragen: Wovor laufen sie weg, wenn sie sich im Eigenraum einigeln? Was versuchen sie zu erreichen oder zu beweisen, wenn sie ihr Zeitbudget ständig gnadenlos überziehen? Warum müssen und wollen sie ihren Lebensstandard mit ihrer Lebenszeit bezahlen? Und allen voran: Ist es das tatsächlich wert? Welchen Themen müssen wir uns stellen, sobald uns die Stille und die Leere eine Innenschau gewähren? Erst sobald gesehen und gefühlt wurde, warum das Laufen attraktiver als das Stehenbleiben wirkt, können sich neue Tore öffnen. Tore, die einen anderen Film laufen lassen. Unseren Film. Ein Film, in dem wir nicht nur Hauptdarsteller sind, sondern auch die Drehbuchautoren, Regisseure und Kameraführenden.

Möglichkeitsraum – Tatsächlichkeitszeit

Raum und Zeit nach eigenem Ermessen zur Verfügung zu haben – das sind die Luxusartikel unserer Tage. Raum zum Reisen, Zeit zum Schweigen. Raum zum Ruhen, Zeit zum Träumen. Raum zum Wirken, Zeit zum Reifen. Raum und Zeit, um Visionen zu entwickeln und zu realisieren.

Doch wer gibt uns diesen Raum, diese Zeit? Wieviel Geld brauchen wir für ein hochqualitatives Leben? Wieviel Ungerechtigkeit geht mit dem Vereinnahmen von Eigenraum und Eigenzeit einher? Mit anderen Worten: Wieviel soziale Verantwortung balanciert das Verweilen in der eigenen Mitte und das Auskosten der raumzeitlichen Möglichkeiten? Was kostet der Konsum von Raumzeit? Müssen dafür andere enger und schneller leben, haben sie weniger Möglichkeiten, wird ihr faktisches Leben tatsächlich beschränkter durch die Freiheit anderer? Wer trägt für die Zustände und Umstände dieser Welt, für die entgrenzten und die begrenzten Erlebniswelten in ihr eigentlich die Verantwortung?

Möglichkeit versus Geschwindigkeit

Die essenzielle Entscheidung zum Erleben von höchstmöglicher persönlicher Freiheit in Balance mit tragfähiger sozialer Verantwortung ist zweigestaltig. Die eine Hälfte betrifft das höchstpersönliche Erleben: Hier ist der Wunsch, die eigenen Grenzsetzungen zu erkennen  und neue Horizonte zu eröffnen ausschlaggebend. Die andere Hälfte betrifft die im persönlichen Einflussbereich befindliche Umwelt: Hier zählt der Wunsch, die inneren und äußeren Grenzen für andere zu verringern und ihnen ein Leben mit mehr Möglichkeiten als vorher zu eröffnen – in welcher Form auch immer. Es kann der Abbau geistiger, emotionaler oder physischer Limitationen sein, der mehr Raum für eine gesteigerte Erlebensqualität schafft. Etwa Bildungsmaßnahmen zur Persönlichkeitsentwicklung, die wiederum neue Türen im Inneren und Äußeren sichtbar machen. Natürlich kann auch das Verändern systemischer Strukturen dabei helfen, das Überlebensproblem besser lösen zu können. Den Möglichkeiten, die eigenen und die Begrenzungen anderer zu überschreiten bzw. aufzulösen sind keine Grenzen gesetzt. Auch keine zeitlichen. Es geht hierbei weniger darum, die Welt schnellstmöglich zu verbessern, als darum, die Perspektiven möglichst vieler Menschen, die zur Entgrenzung ihrer selbst und anderer bereit sind, zu verändern. Es geht also darum, einen sozialpolitischen Auftrag zu definieren – und zu erfüllen, nämlich Multiplikatoren der Entgrenzung zum Besten aller zu finden, wenn nötig auszubilden und bei der Verwirklichung zu unterstützen.

Lebensraum und Lebenszeit

Worum geht es in diesem Leben? Um Erfolg oder Erfüllung? Um minimale Leiderfahrung oder maximale Liebesempfindung? Um Wachstum oder Wirkung? Um Freiheit oder Verantwortung? Vielleicht um ein Leben ohne „oder“. Einmal Alles bitte. Und das für Alle. In Freiheit und Verantwortung für sich und andere, für Umwelt und Nachwelt.

Klingt aus dieser Perspektive doch gar nicht so unmöglich, oder?

 

Surprising Salon Session No 8: Die Macht des Happy Peppi

Und golden glänzt der Plastikgott

Mit jedem kurzen Blick auf den kleinen lachenden Buddha ploppt ein anderes unerwartetes Gefühl auf. Oftmals sind es widersprüchliche Signale, die er zugleich aussendet: Wie die ersten Sonnenstrahlen des Frühlings ihren direkten Weg zum Herzen finden und es höher schlagen lassen, so lockt im selben Augenblick die bittersüsse Unerfüllbarkeit tiefster Wunschträume. Wie das Lachen unmittelbar wirkt, so schleicht sich doch der Zweifel sogleich ein. Wie das wertlose Gold seiner Hülle an den eigentlichen Wert der kleinen Dinge erinnert, so sehr zerfließen die wabbelweichen Konturen der kleinen Staute in die unformige Masse eines Massenproduktes.

Er lacht jeden aus, der glaubt, Glück und Fröhlichkeit kaufen zu können. Und er peitscht seine Überzeugung, in jeder Lebenslage vollkommen sein zu können, quälend in die Bedenken der Hoffnungslosen. Er ist viel zu beliebig, um ihn ernst zu nehmen. Und er ist viel zu wirksam, um ihm seine höchst eigenartige Qualität abzusprechen. Wie kommt es, das ein kitschtriefendes Symbol für den zeitlosen Zustand höchster Freude solch bunte Wellen vielfältiger Deutungen spürbar zu machen versteht? Der Kleine kann was. Happy Peppi verkörpert die Macht des grenzenlos Guten – und lacht jeden aus, der daran glauben will, statt das leise Lachen, am Leben zu sein, in sich spüren zu wollen.

Das Lichte am Göttlichen

Das Gute am Gottesglauben ist die unendliche Projektionsfläche, die er uns bietet. Wer suchet, der kann in seiner aufs Göttliche hin ver-äusserten Vorstellung auch tatsächlich, weil fühlbar, finden. All das Unglaubliche findet in der Gottesvorstellung ebenso viel Raum wie all das Ideale. Natürlich nur in der unzensierten Version, einer Variante, die nicht vor institutioneller, die unendlichen Möglichkeiten limitierenden, Regeln strotzt. Nun unterscheidet sich der geschmeidigglatte asiatische Buddha fundamental von der Sorte mit mächtigem Bartwuchs, die weiter westwärts vorherrscht. Seine Bedeutung als Repräsentant der Möglichkeiten in uns macht andere Türen auf als der klassisch abend- oder morgenländische Gott mit maßloser Allmacht über uns. Aber als Projektionsfläche für alles Wünschenswerte können prinzipiell beide gleichermaßen dienen. Betonung auf „dienen“: Als Mittel zum Zweck der Selbsterhellung, zur effektiven Erleichterung des Daseins, als großer, warmer Rahmen, indem man sich als Bestandteil eingebettet sehen und fühlen kann. Oder auch zur klaren Orientierung für eigene Entscheidungen, etwa durch die Beantwortung moralischer und ethischer Gewissensfragen, trägt eine Gottesvorstellung wunderbar zum besseren Leben bei. „Besser“ im Sinne von lichter, leichter, heller, liebender, lächelnder. So macht Glauben tatsächlich, weil erlebbar, Sinn. Das lächelt mir zumindest der kleine Plastikbuddha in diesem Moment zu. Happy Peppi kann aber noch mehr. Er strahlt zugleich das Wissen aus, das all das Glauben, Wissen und entsprechende Sein aus dem Tiefen meinerselbst kommen. Wobei „meinerselbst“ größer, weiter und breiter zu lokalisieren ist, als die Stimme meiner Gedanken oder die Haut meines Körpers dem „Ich“ an Form und Ausdruck verleihen. Wenn das Ich aber so entgrenzt definiert und empfunden wird, wo hört da das Wissen auf und fängt dann das Glauben an? Anders gefragt: Was hilft gegen die schleichende Verlockung des Fanatismus?

Friede, Freude, Freiheit!

Gegen den Wahnsinn des Fanatismus, also der felsenfesten Überzeugung mit der eigenen Sichtweise rechter als alle anderen zu haben – und diese Sichtweise mit Gewalt allen anderen vermitteln zu müssen – hilft kein sachliches Argumentieren. Fanatismus ist ein Ausdruck der Sehnsucht nach Anerkennung, Zugehörigkeit, klaren Regeln, sinnhaftem Leben in einer überschaubaren Welt mit eindeutigem Richter (der strengen Gottesfigur oder dem absoluten Ideal). Unter Fanatismus fällt aber auch schon die drohende Enge von fixen Ideen und das starre Regelwerk aus unterdrückenden Verhaltensvorschriften. Gegen alles, was uns selbst und andere klein macht und machen will, unterdrückt und unterdrücken will, verletzen, schlagen und verängstigen will, hilft vor allem eines: Vorbilder. Starke friedvolle, freudvolle Freigeister. Nicht nur im Umkreis von Fanatismus-gefährdeten Menschen. Unsere (europäische/westliche) Gesellschaft befindet sich derzeit in einem allseits wahrnehmbaren Phasenübergang. Von der Starre – aber auch Planbarkeit und Überschaubarkeit – der Vergangenheit in einen entgrenzten Möglichkeitsraum. Manche wollen zurück. Und weil das Zeitreisen in die Vergangenheit nicht geht, landen sie im Fanatismus ihrer ersehnten Vorstellung einer Goldenen Zeit.

Let it shine

Wir haben unsere Zukunft mit jedem Atemzug in unserer eigenen Hand. Wir sind es, die uns mehr oder weniger Möglichkeiten einräumen, die der einen oder anderen Vorstellung eine Goldene Aura verleihen. Wir sind es, die einander im friedlichfröhlichfrei-Sein bestärken oder aber behindern. Wir sind es, die einander vertrauen, uns einander zu-muten, so wie wir sind. Mit all dem Happy Peppi in uns. Lange Zeit war es verpöhnt und galt es als unseriös, einfach strahlend oder glücklich zu sein. Wer Verantwortung trägt, hat gefälligst ernst, vom Ernst der Lage erschüttert, in seinen Bewegungen von der Schwere der Situation eingeschränkt zu sein. Schluss damit. Verantwortung kann auch anders aussehen. Friedlich, fröhlich und frei im Geist, in Herz und Handlung. Machen wir uns nicht mehr lächerlich und kleiner als wir sind, indem wir Angst davor haben, uns mit unseren guten Gefühlen lächerlich zu machen. Enge führt nur zu mehr Enge – oder zum Kettensprengen, das meist mit einer Form von Gewalt zu tun hat. Vielleicht gibt es deshalb selbstmöderische Attentäter. Weil sie selbst keinen Ausweg aus der Enge des starren Gaubenssystems sehen, als sich selbst mit Haut und Haar und Gewissen den strengen Regeln hinzugeben. Wer die innere Weite und Größe, das unfassbare Geschenk des Lebens nicht spüren kann (da geht es absolut nicht ums Glauben), der ist für die harte Kälte des Kleingeistes – und ein solcher Geist ist immer klein, weil er klein macht, ganz egal wie großspurig und allmacht-heischend er daher kommt – empfänglich. Lassen wir diese Welt spüren, worum es geht. Heute, morgen, den Rest unseres Lebens. Egal, was da kommt.

Simply: Göttlich

Der winzige Plastikgott leuchtet aus dem gemütlichen Mittenrund eines güldenen Kerzenquadrats heraus. Quasi als Flammenersatz erhebt er sich strahlend aus ihrem Zentrum. Die Kerze selbst ist aus einem zersplitterten, alten, spröden Kerzengold, das in starkem Gegensatz zur Weichheit des wohlgerundeten Happy Peppi steht. Das Trockene der Kerze und das Saftige am Buddha, die podesthaft luftige  Höhe, in der er in der erdigen Mulde thront, bilden eine sinnlich mehrdimensionale Einheit. So Banal, so willkürlich, so ohne Preis. So voller. Voll von

SUPER SIMPLE SOLUTION No 6 – Geld oder Leben

Der Heilige Gral

Mit dem Geld ist das so eine Sache: Hat man es, will man mehr. Hat man es nicht, auch. Außer man ist „Aussteiger“ und baut sein Essen selbst an, wird nie krank, bekommt keine Kinder und hat keine Ansprüche an seine Holzhütte oder Wohnhöhle. Ist man von „dieser Welt“ braucht man Geld. Geld verkörpert den Mechanismus, wie wir miteinander funktionieren. Es symbolisiert den Tauschhandel von Waren und Dienstleistungen. Als „Energieausgleich“ rechtfertigen manche esoterisch orientierte Menschen das Annehmen von Geld für ihre Tätigkeiten.

Money makes the world go round“ lautet eine berühmte Textzeile, deren Inhalt für viele wahr ist. Aber wer oder was energetisiert das Geld derart, die Welt zu bewegen? Ich behaupte Geld ist wie der moderne heilige Gral: Alle wollen es und die, die es haben, verstecken es. Haben wollen, an ein besseres Leben glauben, auf Erleichterung hoffen, sich in die Unabhängigkeit sehnen – Geld ist eine immens starke Projektionsfläche. Und natürlich kann man damit auch Miete zahlen und die Kinder versorgen. Ein sozusagen notwendiges Übel mit Erlösungspotenzial von allem Leiden…

Was macht das Geld

Wie bewegt uns Geld bloß dazu, Dinge zu tun, mit denen wir unser Leben nie ausfüllen würden, wenn wir es nicht zum „Leben“ (im wörtlichen und bildlichen Sinn, je nachdem welche Ansprüche wir haben) bräuchten? Ich behaupte durch Gewohnheiten. Wie wir gewohnt sind, miteinander umzugehen, was wir wertschätzen, was wir für wichtig halten und welche Entscheidungen wir treffen: Das Geld spricht mit, es flüstert ein, es überredet – es duftet und es stinkt. Aber es tut etwas. Es verführt und es tritt uns in den Hintern. Ob wir es nun haben oder nicht. Wer hat kann verlieren, wer nicht hat kann verhungern. Das Geld macht uns Beine, die wir gar nicht hätten, wenn es das System „Geld“ nicht gäbe.

Schall und Rauch

Machen wir ein kurzes Gedankenexperiment: Wer wären wir, wenn wir alle kein Geld hätten. Niemand von uns kennt es. Und wir haben nicht die Steinzeit, sondern leben im Jetzt. Wäre dann automatisch die Macht bei den Stärksten, die uns beschützen können? Oder bei den Handwerkern und Ärzten? Wie würden wir Dienstleistungen „vergelten“? Auge um Auge, Leistung um Leistung?

Gehen wir noch einen Schritt weiter und stellen wir uns vor, wir müssten für eine Leistung überhaupt nichts zurückgeben. Es herrscht nur eine Regel: Wir könnten uns völlig frei aussuchen, an wen wir unsere eigene Dienstleistungen oder Produkte geben. Und es ist in dieser Gesellschaft nicht üblich, zu tauschen. „Eine Hand wäscht die andere“ gibt es nicht. Jeder Mensch gibt was er kann oder will schlicht an jene, die ihm sympathisch sind…

Was wäre das für eine Welt? Wir wären gezwungen, uns zum einen wohl zu verhalten, um etwas zu bekommen und zum anderen uns einander genau anzusehen, um etwas zu geben. Was für eine Welt!

2 Fässer ohne Boden

So wie wir jedoch mit unserem Leben und Geld momentan umgehen ist von beiden nicht genug da. Das eine kostet das andere quasi. Wer arbeitet kommt kaum zu leben, wer lebt kommt kaum zum Geldverdienen. Lassen wir mal all jene außen vor, die nicht arbeiten wollen oder können und die genug geerbt haben und auch nicht mehr möchten. Die mit viel Geld zeigen den anderen, was „Leben“ ist – die mit wenig bekommen einen Zahn darauf, wie toll das reiche Leben doch wäre. Ein Perpetuum Mobile der Begehrlichkeit, der Sehnsucht ohne Ende. Eine gegenseitige Abhängigkeit: Reiche zeigen dem Rest der Welt, wie toll sie sind. Der Rest der Welt will dazugehören oder kämpft für ihre Sicherheit und gegen die Abhängigkeiten von Arbeit, Banken – wie gegen Windmühlen.

Wo genau ist jetzt das Leben? Die Lebensqualität? Die Freiheit und Leichtigkeit? (Mal abgesehen vom Sinn des Lebens, den hatten wir ja schon in Blog No 4…)

Richtig versus Wichtig

Der Wohl-Stand, der Stand, dem es wohl ergeht, hält auch das System Geld aufrecht. Wichtig ist, was Sicherheit schafft. Und wer Geld hat, kann sich Sicherheit kaufen: Essen, Wohnen, Unterhaltung, Gesundheit, ein bisschen Liebe, zumindest Gesellschaft. Die „Aussteiger“ sind oft fade Moralapostel, genussverweigernde Miesepeter, besserwisserische Oberlehrer des „So sollte es aber (nicht) sein!“.

Fragen wir uns ganz unabhängig davon, was richtig oder wichtig wäre – unabhängig davon, was wir tun sollten, müssten oder auf gar keinen Fall dürften, schlicht: Was wollen wir wirklich?

Liebe, Luft und Leidenschaft

Kann man von Liebe leben? Nein, ich meine nicht von körperlicher gegen Geld. Von der Fähigkeit zu Lieben, meine ich. Nein, natürlich nicht, werden Sie sagen. Können wir von Luft und Leidenschaft leben? Nein, werden wir sagen. Wir sind doch Realisten. Und Geld regiert die Welt. Oder?

Mut zur Lücke

Ich behaupte, es gibt geldfreie Zonen der reinen Lebensqualität. Und ich behaupte, wir sollten diese kultivieren, um unsere Gewohnheiten und nicht zuletzt unsere Gesellschaft und unser Miteinander-Funktionieren ganz allmählich und profund auf andere Beine zu stellen. Keine kurzen oder langen, sondern unsere eigenen. Das hat nichts mit Verzicht zu tun, sondern etwas mit Gewinn: Lebenszeit, Lachen, Lust und Laune statt Abrackern, Stress, Kompensationsgenuss und Ablenken. Wie das geht? Ganz einfach: Aufhören zu tun, anfangen zu sein. In den Himmel schauen. Ein- und ausatmen. Dem nächsten Menschen in die Augen sehen und nichts von ihm wollen. Sich überraschen lassen. Frei werden. Ankommen.

FREEFLOWLETTINGO

Secret Success Story No 23 – über die Leichtigkeit des Seins

Flow

Kennen Sie das scheinbar mühelose völlige Aufgehen in einer Tätigkeit? Wenn Zeit und Raum, einfach alles außerhalb Ihres Konzentrationsfeldes, schlicht nicht mehr existieren. Hier drängen sich keine störenden Gefühle oder Gedanken auf. Im vielgepriesenen Zustand des Flows sind wir eins mit uns und unserer Handlung. Wie Kinder beim Spielen. Leider stehen uns unser Verstand, unsere Gefühle und unser Körper oft im Weg. Sie verhindern das „reinkippen“ in den Flowzustand. Genauso wie die Anforderungen des Alltags oder andere Menschen, die uns ablenken, rausbringen, vereinnahmen, fremdbestimmen.

Es gibt eine Reihe von Faktoren, die dieses köstliche Erlebnis in die Existenz heben. Das Gefühl der Selbstbestimmung ist das zentralste von allen. Und wie oft haben wir dies am Tag? Und wie oft, sofern wir es kennen, mündet es in Langeweile bis Depression? Fühlen wir uns faul, nutzlos, nicht gebraucht, überflüssig? Selbstbestimmt, aber einsam und alleine…

Freiheit

Wer sein Leben zur freien Verfügung hat, den freut dies nicht immer. Aber sobald wir wissen, was uns mit Spaß und Sinn erfüllt, wenn wir es tun steht dem Eintauchen in den Fluss des Seins nichts mehr im Weg. (Wer noch nicht weiß, was er wirklich will, dem sei hier der Blogbeitrag „Motirection“ empfohlen). Es sind aber noch einige andere Zutaten für das freie Fließen im Moment nötig: das Freisein von Sorge und Angst oder die Freiheit von Erwartungen und Erfolgsdruck. An deren Stelle steht die Freiheit, den eigenen Fähigkeiten entsprechend aktiv zu werden. Das dem eigenen Wesen entsprechende Tun sollte sich in der eigenen Haut gut anfühlen (für andere könnte sich dasselbe schrecklich anfühlen) und das Werk im eigenen Sinne Sinn machen (für andere könnte es völlig sinnentleert sein). Der Weg zum wonniglichen Fließen führt daher zunächst aus der Insel der Selbstbestimmtheit über die Brücke der Un-Abhängigkeit von Fremdvorstellungen und Fremdbeurteilungen, jenseits des Berges der Kritik (von innen und außen) und damit hinein ins Land der unbegrenzt fliessenden Möglichkeiten.

Loslassen

Und da? Einfach machen. Und dann? Das ist eine gute Frage. Denn der Flowzustand hat ein Ende. Dann schlägt der Alltag gnadenlos zu, die Rechnungen wollen bezahlt werden, die Schule zwingt einen zum Sprechtag, die Kinder wollen etwas essen, Partner wollen beglückt werden. Verantwortungen rufen. Laut und gebieterisch. Flow und Verantwortung scheinen zwei Planeten aus unterschiedlichen Sonnensystemen zu sein. Kein Wunder, dass viele Künstler sich eher soziopathisch verhalten und große Denker oder Mathematiker dem Reich des Autismus nahe stehen.

Wie passt das zusammen? Wie findet der Flow, das reine Sein  im Moment, seinen Frieden mit jener Selbstaufgabe, die benötigt wird, um seinen Verpflichtungen in der Gesellschaft nachzukommen?

Die Unerträgliche Leichtigkeit des Seins

…ist deshalb unerträglich, weil es einem zwar leicht fallen kann, alles zu vergessen, sich zu vergessen, nur zu sein. Aber weil zur gleichen Zeit ganz automatisch im Vergleich dazu alles und jeder andere schlichtweg unfassbar schwer wird. Spürbar schwer. Mühsam. Im Flow gibt es keine Probleme, die nicht gelöst werden können. Die Welt außerhalb des Flow zelebriert das Problembewusstsein schlechthin. Wer sich leicht fühlt, der wird schnell von seinem Umfeld (oder von seinen eigenen Gewohnheiten) wieder runtergeholt und durch die Schwerkraft des Alltäglichen eines scheinbar Besseren belehrt. Aber: welcher Zustand ist echter? Leicht oder schwer? Welche Einstellung, welches Erleben entspricht wirklich und wahrhaftig der Realität? Doch wohl die Schrecken dieser Welt. Glück, Zufriedenheit, Leichtigkeit – die alle zählen nicht so viel, wiegen nicht so schwer (!). Die Macht des schlechten Gewissens sorgt schon dafür. Wir dürfen uns nicht bewusst wohl und leicht fühlen angesichts des Elends dieser Welt. So viel ums uns ist ungerecht, dramatisch, unfassbar und vor allem: unlösbar. Apokalypse now! Und wie kann man sich angesichts des Elends dieser Welt bloß leicht fühlen?

Andersrum aber geht das ganz gut: Ewig gegen Windmühlen kämpfen, das ist ein respektabler Seinszustand. Die passende Einstellung dazu: „Alles wird schlechter, obwohl es früher auch nicht besser war“. Es gibt zwar keine gute alte Zeit aber dafür gibt es auch keine große Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Wo soll uns eine solche Denkweise eigentlich hinführen? Nirgendwohin. Eine solche Haltung ist im wahrsten Sinne Aussichts-los. Sie ist letztendlich auch nur eine Art, im Hier und Jetzt zu sein. Keine sehr angenehme.

Alles easy – oder was?

An der Leichtigkeit – am Flow, am Spiel, an Spaß, an Sinnlichkeit und Sinn – führt deshalb kein Weg vorbei, weil alle anderen Tätigkeiten und Einstellungen dem Leben seine Qualität nehmen. Wie finden nun also Selbstlosigkeit und Selbstbestimmung zu einander? Wie finden Freiheit und Verantwortung eine gemeinsame Ausdrucksform? Darf „Gutes tun“ tatsächlich Spaß machen und das „kreative Lösungen für echt große Probleme-Finden“ in Leichtigkeit passieren? Darf man dem Ernst des Lebens lustvoll auf die eisige spiegelglatte Glatze spucken und dem eigenen Antlitz darin eine schön freche Grimasse ziehen? Ja, man darf.

Viele großartige und oft unsichtbare Menschen und Projekte zeigen, wie inspirierende Kreativität selbst festgefahrenes Problemdenken aufbricht oder wie ein echtes Lächeln real bedrohliche Konfliktherde in bereichernde Reibungsfreude umwandelt. Die Haltung, aus der derart wirksame Transformationsakte entstehen kann, ist eine Mischung aus edler Gesinnung (etwas zum Besseren verändern zu wollen) bei gleichzeitigem Mangel an Rechthaberei (den Zwang, etwas erreichen zu müssen loslassen). Die Unaufdringlichkeit jener, solche Transformationen initiierenden Akteure mischt sich idealerweise mit der spontan entstehenden Freiwilligkeit der  zur Transformation eingeladenen Beteiligten. Eine solche, höchst effektive Leichtigkeit in einem anstehenden Veränderungsprozesses zu vermitteln und ihn dadurch gezielt einzuleiten kann Schwerstarbeit sein. Diplomaten wissen um die immense Schwierigkeit, andere so zu bewegen, dass die äußere Form mit selbstverständlicher Leichtigkeit gewahrt und im selben Atemzug im Inneren alte Denkweisen ersetzt oder massive Strukturveränderungen eingeleitet werden können.

You gotta move it, move it

Diese Fähigkeit, unauffällig und freudvoll andere zur weiteren Entwicklung anzuregen, mit einem Blick oder einer Geste Grundsätzliches zu bewegen und so quasi „nebenbei“ das Rad der Evolution am Laufen zu halten, wird selten mit Ruhm und Ehre, Geld oder Karriere belohnt. Diese Art von Erfolg ist kaum messbar, kaum sichtbar, nur spürbar. Es gibt keine institutionalisierten Beobachter jener weisen Akteure, die im Hintergrundrauschen des Alltags mit dem Funken der Verwandlung spielen. Diese Funken verändern Negatives in Optionen und Leid in Erkenntnis. Solche Menschen wandeln fast unsichtbar umher und tippen andere an, so  wie Buddhisten ihre Gebetsrollen am Rotieren halten. Sie bringen stockende Energien in Gedanken, Gefühlen oder auch im Körper ganz unauffällig wieder zum Fließen. Eine Begegnung mit ihnen lässt einen das eigene Zentrum spüren und die eigene Handlungsfähigkeit steigt wieder. Sie machen, dass wir uns fühlen, wie das Titelbild dieses Blogs zeigt: Sie halten uns am Laufen(den). Ein Dank an all jene, die uns derart im Inneren „anstupsen“, die uns selbstlos berühren und bewegen, unsere Welt am Weiterdrehen halten, uns immer wieder ins Fließen bringen! Dieses Wunder geschieht aus jener bewundernswerten Leichtigkeit heraus, die durch Lebenserfahrung erworben wurde. Gerade diese lebensweise Leichtigkeit kann kaum professionalisiert oder gelehrt werden…

Professionelle Helfer und die Leichtigkeit

Denn der Grat ist schmal. Der Grat zwischen selbstloser und zutiefst befriedigender Hilfstätigkeit beim Sein und Werden – und der völligen Selbstaufopferung. Jeder Sozialarbeiter, jede im Gesundheitswesen kennt ihn, diesen gefährlichen Grat zwischen der Hochachtung vor der Aufgabe, andere zu berühren und zu bewegen – und dem Burnout durch Selbstaufgabe. Kennt diese zehrende Hoffnungslosigkeit, die hinter jeder gelungenen Hilfsaktion lauert, weil es zu viele gibt, denen im selben Atemzug nicht geholfen wird. Weil das Leid kein Ende kennt, aber die eigenen Kräfte schon. Die Erwartungen, die Hoffnungen, sind groß, die Realität weit von der Leichtigkeit einer Erfüllung entfernt. Die oben angesprochenen Weisen der Leichtigkeit haben die Hoffnung aufgegeben. Nicht weil sie frustriert oder hoffnungslos wären, sondern weil sie das Leben kennen und nehmen. Deshalb sind sie auch unsichtbar. Sie kompromittieren ihre eigene Einstellung nicht mit der Suche nach Anerkennung. Sie wissen, dass dies kontraproduktiv für das Resultat wäre. Ihre Selbstlosigkeit ist kaum wahrnehmbar, gut versteckt. Mit voller Absicht.

Die Falle der Selbstlosigkeit

Selbstaufgabe zugunsten anderer wird in unserer Zeit und Gesellschaft einerseits als anbetungswürdig verherrlicht. Moderne Märtyrer, Helden von heute. Die konstruktiven Journalisten erzählen gerne von den Mutter Theresas und Nelson Mandelas. Oder ein untragbares, menschenunwürdiges (beispielsweise Gesundheits-)System (siehe unsere Spitäler und deren Arbeitszeiten) fordert die Selbstaufgabe einfach ein. Leichtigkeit hat im offiziellen Berufsleben keinen Wert. Im Gegenteil. Arbeit muss schwer sein, damit sie als Arbeit gilt. Und nicht einmal dann wird sie mit Wertschätzung entlohnt.

Vor allem Frauen ergeben sich darin, ihr Leben in den Dienst anderer zu stellen. Und in einer Zwickmühle aus mangelnder Wertschätzung und niedriger Entlohnung zu landen. Den eigenen Weg zu gehen ist für Frauen immer noch nicht nur schick. Sie würden vielleicht dafür Geld bekommen, aber Wertschätzung? Für die Kinder da sein oder Karriere machen – diese Entscheidung ist viel zu oft nach wie vor ein entweder-oder  bei der jede Seite nur verlieren kann. Geld und Hochachtung fehlen in den meisten „weiblichen“ Berufen – ebenso wie im Muttersein. Lehrerinnen, Kindergärtnerinnen, Putzfrauen, Sekretärinnen, Krankenschwestern, Pflegerinnen, Sexarbeiterinnen. Zweite Reihe, Hilfsdienste, Zulieferer, Wohlfühlbasis, Hintergrundrauschen. Was sind sie der Gesellschaft wirklich wert? Ich weiß, ich provoziere. Allerdings für einen guten Zweck, nämlich um das – vorwiegend weibliche – Rezept „Erfolg durch Selbstaufgabe“ in Frage zu stellen. Geht es denn auch anders? Dieser Frage widmet sich nächste Woche die Success Story No 24: WonderWomen – über Weibliche Wunderwirksamkeit. Samstag, 14.11.2015, 10.00.

Und an dieser Stelle der Gerechtigkeit halber gleich eine Vorschau auf die Success Story No 25: MiracleMen – über das Mirakel im Mann. Am Samstag, 21.11.2015

 

INTRASTABILISATION

Secret Success Story No 18 – über die Sicherheit aus dem Inneren

Sicherheit versus Freiheit

Gehen Sie gern auf Nummer Sicher? Ist es Ihnen lieber, kaum Risiko einzugehen und den Weg des geringsten Widerstandes zu verfolgen? Stehen Sie dem Ruf des Abenteuers misstrauisch gegenüber und befürchten Sie ungeahnte Konsequenzen? Dann gehören Sie zu jenen, die das Gefühl von Sicherheit über eine Reduktion von Möglichkeit herstellen. Letztere werden dabei einfach ausgeblendet. Wie tunlichst auch alles, was erschreckt, beängstigt, unangenehm ist. Klimawandel, Finanzkrise, Bildungspolitik (das könnte ewig so weiter gehen)… Auf Nummer Sicher gehen und den Rest ausblenden – beide Strategien gehören zueinander wie die zwei Seiten einer Medaille. Das scheint aber auch hervorragend zu funktionieren. Oder? Was wäre denn überhaupt die Alternative? Zeitung lesen, Nachrichten schauen – und Angst haben? Das Gefühl, nichts ausrichten zu können ist unschön, man fühlt sich so leicht verdammt zur offenbaren Hilflosigkeit. Der Eindruck, vom Schicksal oder den diversen Zeitgeistern ungewollt überrollt zu werden, stellt sich angesichts der Unwägbarkeiten der Welt schnell und übermächtig ein.

Wie genau können wir auf Nummer Sicher gehen, ohne uns dabei im Altbekannten einzuigeln und ohne konsequent im Ausblenden zu bleiben?

Freiheit versus Sicherheit

Oder sind Sie vielleicht ein Optimist? Sehen die Chance im Wandel, sind offen für Neues, begrüßen das Andere, umarmen das Fremde? Entspricht „ Alles wird gut“ Ihrer Überzeugung? Dann haben Sie eine andere Wahl getroffen. Und – leben Sie gut damit? Und vor allem: Wo nehmen Sie die Sicherheit her, dass sich schon alles irgendwie ausgehen wird? Wieviel Vogel-Strauß Haltung ist nötig, um diese Zuversicht aufrecht zu erhalten? Und wieviele gut portionierte tägliche Rationen Guten-Glaubens?

Die Schnecke und das Haus

Lassen Sie mich so fragen: In welcher Methode im Umgang mit dem Wahnsinn der Welt haben Sie es sich gemütlich gemacht? In welcher Haut, durch welchen Panzer, fühlen Sie sich pudelwohl und geschützt, wie Zuhause? In der schimmernden Verheißung des Optimismus, der dicken dunklen Decke des Pessimismus, im bunt-hedonistischen Opportunismus? Sind Sie ein Fan der nüchternen Realität oder kämpfen Sie für hohe Ideale? Sind Sie ein Vertreter der neuen Sachlichkeit oder ein Gentleman (eine gentle woman) der alten Schule? Gleich in welchem Zugang Sie ihre Heimat gewählt haben – er wird Sie dennoch nicht beschützen können. Nicht vor den Übeln der Welt, nicht vor den Zeichen der Zeit. Sehen Sie sich bitte einmal um in Ihrem Zuhause. Es ist hoffentlich ein Ort des Rückzugs und der wohligen Heimeligkeit. Nichts deutet darauf hin, dass er viel mit einem filigranen Schneckenhaus gemein hat. Nur eine selbstgebaute Schutzschicht gegen die harte, kalte oder auch heiße, dürre Seite der Wirklichkeit ist. Aber: Eine wilde Woge, ein unbedachter Schritt und… Knirsch. Bis dahin wähnen wir uns wohl behütet (wohl behüttet).

Ängstlichkeit, Naivität,  Ignoranz – sie alle geben vielleicht vorübergehend funktionierende Mittel ab, sich in Sicherheit zu wiegen. Wir bauen aus ihnen unsere höchsteigenen Schutzmechanismen, welche dadurch, dass sie den Blick auf die Welt verwehren, den inneren Frieden bewahren sollen.

Schutz inmitten des Unkontrollierbaren

Was ist die Alternative zum Wegsehen? Hinsehen und sich mit dem, was wir sehen, einfach abfinden? Fatalismus? Zynismus? Sich stoisch aufrecht halten? Haben wir denn eine große Wahl, was das Vergehen aller Dinge inklusive unserer selbst betrifft? Nein, ich glaube nicht an den unmittelbaren Weltuntergang und daran, sich vorzuhalten dass jeder Tag der letzte sein könnte. Vielmehr bin ich der Meinung „Wir sind die Schnecke und ihr Haus“. Will heißen: Wir sind in der Lage, das weiche Innere und die harte Schale zu einem flexiblen und stabilen Ganzen zu formen. Wir sind wunder-volle Wesen – fähig, romantische Realisten oder geerdete Idealisten, hoffnungsfroh verantwortungsvoll oder umsetzungsstarke Tagträumer zu werden. Bleibt nur noch die Frage, wie wir zu dieser Fähigkeit der Verbindung scheinbar gegensätzlicher Fähigkeiten kommen. Wie können wir uns angesichts der Unsicherheiten dieser Welt, eingedenk des ständigen Wandels sowie der selbstgebauten filigranen Schutzmechanismen diesen beiden Fakten, nämlich der sicheren Vergänglichkeit gegenüber überhaupt jemals wirklich sicher fühlen?

Stabilität im Wandel

Wer kann uns garantieren, dass wir unsere Jobs behalten (bzw. bekommen), unsere Pensionen beziehen, uns den Arzt leisten, überhaupt in Frieden leben oder dass unsere Kinder ein gutes Leben haben werden? Die Politik? Der Staat? Ein Gott? Wer sind diese Wesen(heiten) in der gelebten Wirklichkeit? Innere Ideale, die es mit der äußeren Realität (nicht) aufnehmen können? Worauf vertrauen wir, worauf setzt unsere Gesellschaft, wenn die gewählten Volks-Vertreter oder die gepredigten Heilsversprechen spürbar unglaubwürdiger werden? Wenn wir resistent gegen oder gewöhnt an das Opium fürs Volk geworden sind? Natürlich gibt es hochintelligente und hochmotivierte Politiker oder Priester, von den besten Absichten beseelt und überzeugt, gemeinsam etwas nachhaltig Gutes ausrichten zu können. Die breite Öffentlichkeit wählt jedoch lieber altbewährte Vogel-Strauß-Taktik und Schlaraffenland-Versprechen als die nüchterne Aussicht des gewährleistungslosen Alltags reiner Selbstverantwortung. Doch vor allem in ihr, in der Selbstverantwortung, besteht der Schlüssel zum nachhaltig wirksamen und immer wieder aus dem eigenen Inneren herstellbaren Gefühl der Stabilität.

Niemand kann für andere…

…dafür jeder für sich selbst. Jeder von uns ist seiner inneren Stabilität, seines Sicherheitsgefühls eigener Schmied. Was Staat und Politik, Institutionen und Organisationen, Systeme und Glauben leisten können sind, Rahmenbedingungen zu verbessern, Unterstützungen anzubieten, Hilfestellungen zu geben, Ankerstellen zu schaffen und Orientierungsmarken zu setzen, Schmerztabletten zu verteilen und Ablenkungsmanöver darzubringen. Aber das Gefühl der Sicherheit ist zutiefst Ihr eigenes. Fragen Sie sich: Verfällt die Öffentlichkeit in Panik – fallen Sie mit ihr? Bleiben Sie ein Fels in der Brandung, wenn es rund um Sie herum stürmt? Bewahren Sie im dichtesten Dschungel den Überblick und in der Hitze des Gefechtes einen kühlen Kopf? Wer sind Sie, wenn alles andere außer Kontrolle zu geraten droht oder tatsächlich aus den Fugen gerät? Sind Sie ein Anker für sich – und andere, wenn es darauf ankommt?

Sein und nicht Sein

In letzter Konsequenz werden wir alle eines Tages sterben, unsere Welt wird in die Sonne stürzen, so nicht etwas anderes Katastrophales vorher geschieht. Man könnte also sagen, dass sowieso alles egal ist (siehe die Strategie „Ignoranz“). Man könnte den schönen Schein wahren, die eigenen Schäfchen ins Trockene bringen, das Übel der Welt bekämpfen – und dennoch wird alles eines Tages zum selben Ende führen. Der Weg ist das Ziel meinen Sie an dieser Stelle völlig treffend? Das Sein ein Selbstzweck, das Werden Gegebenheit, das Sterben Notwendigkeit? Welche Haltung verlangt eine derart uferlose Klarheit? Wo kommt die innere und zutiefst als wahrhaftig empfundene Sicherheit trotz der Gewissheit der eigenen Sterblichkeit und ohne äußere Versprechen glauben zu müssen her?

Das Lächeln und der Abgrund

Wollen wir wenig funktionelle Strategien der Stabilisierung verabschieden, so können wir sie effektiv ersetzen, indem wir unsere Aufmerksamkeit auf Gelingendes verschieben:

Schätzen wir echte Menschen und tatsächliche Umstände hoch, statt vergangene und drohende Verluste lautstark zu betrauern oder zu befürchten.

Setzen wir uns aktiv für gelebte Gerechtigkeit ein, statt dem Zorn nachzuhängen, der sich einstellt, wenn wir Ungerechtigkeiten sehen, erleben oder befürchten.

Schützen wir alles, was Freude bereitet, statt Hass und Angst einen Raum zu geben. 

Handeln wir, anstatt zu Sudern.

Lächeln wir im Angesicht des Abgrundes, denn diesseits liegt unsere Lebenswelt, über uns der Himmel, unter uns die Erde.

Wie uns das aktive Verschieben unseres Blickfeldes zu einem erfolgreicheren Leben führt, davon handelt der nächste Blogbeitrag:

Focushift – über die Augen des Betrachters. Success Story No 19: Samstag, 10.10.2015, 10.00