Exit The Brexit!
Schon am Weg nach London mischen sich die Gefühle in mir zu einem spannenden Cocktail: Vorfreude und Ungewissheit, viel Arbeit mit einem Hauch von Freizeit, rote Telefonzellen im Handyzeitalter, knusprige Fish&Chips zu stillem lauwarmem Schankbier. Und in der Tat – Großbritannien erweist sich auch in der Praxis derzeit widersprüchlich wie nie.
So prallen die Fronten für und gegen den Brexit ungehindert vor dem Parlament aufeinander. Die einen hupen im Vorbeifahren, weil sie aus der EU rauswollen, weil sie nicht wollen, „dass die Deutschen den Briten alles diktieren“, wie uns an die Köpfe geschleudert wird, als wir Brexit-Gegner interviewen. Die anderen sind von einer fast irrationalen Überzeugung geprägt, dass es gar nicht so weit kommen kann. Wie Mr. „Stop Brexit“, der Tag für Tag vor dem Parlament gegen den Brexit demonstriert. Dritte haben Angst, ganz konkrete Befürchtungen, etwa dass Medikamente nicht mehr lieferbar sein werden, dass notwendige Versorgungen ausbleiben, dass beinharte Ausweisungen stattfinden, dass das gewohnte Leben und Überleben zerstört wird.
Das hochemotionale Stimmungsbild der Kontrahenten passt zum eingerüsteten, verhüllten Parlament wie die Faust aufs Auge. Auch Big Ben steckt unter einer dicken Schicht Renovierungswut, die angeblich noch 2,5 Jahre lang anhalten wird. So geht es wohl auch den ParlamentarierInnen im Gebäude: Alles soll zwar neu werden, aber bis es soweit ist können erstens noch Jahre vergehen und zweitens herrscht eine gewisse Blickdichte, eine inhaltliche Vernebelung, die jede klare Sicht auf Konkretes verhindert. Lösungen? Die sucht man dort vergeblich. Zu sehr sind die Akteure im Kampf um ihre Positionen verstrickt. Zu sehr sind die Fronten durcheinander geraten. Links und Rechts treffen sich beim Wunsch nach Ausstieg, PolitikerInnen beider führenden Parteien verlassen ihre Reihen, weil sie nicht aus der EU austreten wollen. Wer Recht hat, weiß keiner. Recht haben wollen aber alle. Ein fatales Problem. Denn wer bleibt auf der Strecke? Die Menschen. Ungewissheit herrscht auf den Straßen Londons, gepaart mit arbeitsamer Betriebsamkeit, ungebremster Konsumfreude und absolutem Partywillen.
Wo auch immer das alles hinführen wird: Am Weg dorthin gibt es wieder (noch immer?) Passkontrollen und am Pfund wird nach wie vor nichts geändert. Good old Britain. Anyway: Wir werden Euch, liebe Briten, Schotten und Iren, immer als EuropäerInnen sehen!
Gerade im Angesicht des Undenkbaren ist es umso wichtiger, Europa aktiv und selbstbestimmt mitzugestalten. Damit wir auch morgen noch stolz darauf sein können, gemeinsam in der größten Friedensunion in aller Vielfalt vereint zu leben. Also, wählen gehen am 26. Mai 2019! Ganz in diesem Sinne: www.diesmalwaehleich.eu